Geschichten

Unser erster Fußballplatz

Erzählt von Heinz Weiß

Der Schulanger war unser erster Fußballplatz. Er sah natürlich völlig anders aus als heute. Wir sprachen vom „Oberen Anger“ und vom „Unteren Anger“.
Der „Obere Anger“ begann direkt am Schulhaus und endete an einem kleinen Sandhügel, der zur heutigen Friedhofstraße hin abfiel. Er war fast ein Rechteck.
Der untere Anger war die Fläche, auf der heute die Häuser und Werkstätten von Ritters und Ecksteins stehen. Er senkte sich vom „Oberen Anger“ in einem flachen Grashügel zur Dorfstraße hin ab. Der ganze Anger war unbebaut.

Unser Spielplatz für Ball- und Laufspiele war der „Obere Anger“. Die obere Begrenzung war der Fuhrweg nach Ernhofen, unmittelbar am Schulhaus.
Die linke Begrenzung, etwa dort, wo jetzt die Schulgartenstraße ist, war eine Hecke aus Maulbeerbüschen und am unteren Ende von Schlehensträuchern.
Dahinter waren nur Felder. Die rechte Begrenzung war ein Fuhrweg, der etwa so verlief wie die heutige Schulstraße.
Vom Schulhaus ab, bis etwa auf Höhe des „Hupferhauses“ war der Anger mit kurzem dichtem Gras bewachsen, das auch gerne von Gänsen abgefressen wurde. Der untere Teil war, so wie heute, mehr Sand und harte Gräser.

An erste Fußballspiele erinnere ich mich erst so ab dem Jahr 1946. Wir Kinder trafen uns fast jeden Nachmittag auf dem Anger. Meistens wurde auf ein Tor gespielt. Dafür bot sich der obere Grasteil an.
Fußballtore hatten wir noch keine. Ein Torpfosten war der Reststumpf der Fahnenstange, der andere war ein Kleiderhaufen oder der Lindenstamm. Ob ein Ball zu hoch war, musste jeweils von Fall zu Fall entschieden werden.
Der Torwart musste für beide Mannschaften halten. Eine weitere wichtige Regel war: „Drei Ecken – ein Elfer“.

Das größte Problem war immer der Ball. Keiner von uns hatte einen Lederball. Auch die Gummibälle waren sehr selten und meistens klein. Aber das hinderte uns nicht daran viele Stunden dort zu bolzen.

Das Schulhaus hatte drei Räume. An der Längsseite den großen Klassenraum mit zwei Fenstern zum Schulgarten hin. Links hinten einen kleinen Nebenraum, dessen Fenster auch zum Schulgarten hin lagen und vorne neben dem Eingang die Gemeindekanzlei.
Im Nebenraum lagen in einem unverschlossenen Schrank neben anderen Sachen auch zwei oder drei Lederbälle. Sie hatten, wie damals üblich, eine Gummiblase und eine Öffnung, die mit einem Lederriemen zugeschnürt wurde. Aber die waren für den Schulsport gedacht.
Der Lehrer, den wir damals hatten, war nicht bereit, sie uns auch für Fußball außerhalb der Schulzeit zu überlassen. So blieb denn manchmal am Samstagmittag, wenn die Schule aus war, ganz aus Versehen ein Fenster im Nebenraum nur angelehnt.
Einer von den Größeren, die nicht mehr zur Schule gingen, stieg versehentlich über den Schulgartenzaun, fand zufällig das angelehnte Fenster und konnte einen Ball entleihen. Nun gab es richtig Fußball.
Am Samstag immer bis in die Dunkelheit und am Sonntag auf alle Fälle bis zum Mittagessen und manchmal auch noch wieder am Nachmittag. Nach dem Spiel wurde der Ball natürlich wieder zurückgebracht.
Aber es war immer eine riskante Sache und irgendwann hat auch der Lehrer etwas gemerkt und dann war es vorerst vorbei mit einem richtigen Lederball.

Unser eigener Ball

Erzählt von Heinz Weiß

Nachdem unsere Ball – Ausleihe aus der Schule gescheitert war, gaben wir natürlich die Sucht, Fußball zu spielen, nicht auf. Wo immer wir etwas Rundes, Kugeliges fanden, verwendeten wir es zum Bolzen.

Das Jahr 1948 brachte die Währungsreform und wie durch ein Wunder konnte man sehr schnell wieder viele Dinge für das tägliche Leben kaufen, wenn man das nötige Geld dafür hatte.Von uns fußballbegeisterten Jugendlichen gingen damals einige schon in die Lehre.
Viele fuhren täglich mit dem Fahrrad nach Altdorf und von dort mit dem Zug, natürlich noch von einer Dampflok gezogen, nach Nürnberg.

Die MAN-Lehrlinge brachten eines Tages die Nachricht mit, dass auf ihrem Weg vom Nürnberger Bahnhof zur MAN ein Sportgeschäft eröffnet hatte und dass dort im Schaufenster ein lederner Fußball zum Kauf angeboten sei.
Den Kaufpreis weiß ich heute nicht mehr, aber er war für unser aller Geldverhältnisse unvorstellbar hoch. Wir haben uns tagelang immer wieder von diesem Ball erzählen und den Mund wässerig machen lassen. Nach einiger Zeit des Pläneschmiedens stand der Entschluss fest:“ Den Ball wollen wir kaufen!“

Die „MAN-ler“ verhandelten mit dem Sportgeschäftinhaber und brachten die frohe Nachricht mit, dass der Ball für uns reserviert wird bis der größte Teil des Kaufpreises aufgebracht werden kann. Wir begannen also eine Sparaktion.
Jeder Pfennig, der auch nur irgendwo aufgetrieben werden konnte, wurde abgegeben. Die Lehr­linge zweigten jede Woche von ihrem Lohn einen Kleinbetrag ab. Ganz ganz langsam wuchs die Summe. Es dauerte weit bis in den Winter des Jahres 1948/49 hinein, bis es endlich soweit war.

Inzwischen hatte sich unser „Fußballplatz“, der obere Anger, auch schon verändert. Es waren nämlich Tore aufgestellt. Das heißt natürlich nur zwei Pfosten und eine Querlatte. Sie waren zusam­mengezimmert aus Fichtenstämmen, die wir aus dem Wald eines lieben Weißenbrunners bekommen hatten.
Die Pfosten waren keine Schwierigkeit. Aber die langen Querlatten sahen doch sehr abenteu­erlich aus. Da sie nicht zu schwer sein durften, konnten wir nicht zu dicke Bäume nehmen. Und so hatten wir schließlich Querlatten, die von einem Pfosten bis zum anderen immer dünner wurden.
Sie hingen natürlich auch in der Mitte durch und wackelten oft bedenklich, wenn sie vorn Ball getroffen wurden. Aber es waren Tore.

Die mit dem Sportgeschäft vereinbarte Summe war schließlich zusammengespart. Der Tag war gekommen, an dem unser eigener Lederball abgeholt und nach Weißenbrunn gebracht werden sollte. Die „Nümbergfahrer“ brachten ihn mit.
Wir anderen, die wir schon daheim waren, wussten genau, wann sie mit den Fahrrädern von Altdorf her ankommen sollten. Wir waren alle auf dem Anger versammelt. Es war Winter, etwas Schnee lag und wir hatten Vollmond. Schließ­lich kamen die lange Erwarteten.
Sie hatten eine Pappschachtel dabei, in der unser Prachtstück lag. Wir zogen gemeinsam unter die Hoflampe bei der Gastwirtschaft Fink, und dort wurde die Schachtel geöffnet. Da lag er nun. Er war aus rotem Leder und hatte die Aufschritt „Sport Zipfel“!

Mit großem Geschrei wurde er herausgeholt, alle stürmten auf den Anger und beim Licht des Vollmondes durfte jeder einige Schussversuche unternehmen. Und an den Wochenenden gab es von da an dann wieder richtige Fußballspiele, aber nun mit unserem eigenen „Sport-Zipfel“.

Sehr lange hat er leider nicht gehalten, obwohl er sehr regelmäßig gesäubert und immer gut gefettet wurde. Unser selbst gezimmertes Tor ist ihm zum Verhängnis geworden.
Er krachte eines Tages mit großer Wucht ausgerechnet an die dünnste Spitze der Torlatte, eins der Lederteile zerriß und mit lautem Knall platzte die Gummiblase. Das war für uns ein ziemlich trauriges Ende.

Bierkarteln

Erzählt von Heinz Weiß

Spielersitzungen fanden immer freitags statt. Warum eigentlich? Weil es Geld gegeben hatte? Denn der Samstag war doch keineswegs arbeitsfrei.

Vor den Spielersitzungen war immer Training. Im Sommer, wenn es noch hell war, natürlich draußen auf dem Anger. Im Winter, wenn es schon früh dunkel wurde, manchmal ein Dauerlauf nach Ernhofen und zurück und anschließend etwas Gymnastik im Saal oben beim Fink.
Anschließend gab es dann Spiel- und Spielerkritik zum letzten Spiel und dann die Mannschaftsaufstellung für den kommenden Sonntag und Absprachen wie man an den jeweiligen Spielort kommt. Danach wurde immer Schafkopf gespielt.

Ein Höhepunkt mancher Spielersitzung, besonders in den langen Winternächten, war das ”Bierkartln”. Der Vorschlag dazu kam meist dann, wenn die letzten Kartenrunden an den verschiedenen Tischen gespielt waren, aber noch viele saßen um ihr letztes Bier auszutrinken.
Man setzte sich dann zusammen an einem der langen Tische, die am Fenster standen, rechts, wenn man in die Wirtsstube kam. Mitspielen konnten so viele, wie Lust hatten, denn da dort zwei Tische standen, konnte man den Kreis immerzu erweitern. Man brauchte dazu ein Kartenspiel und einen Wirt, der schnell mit dem Einschenken und mit dem Anschreiben war.

Ganz genau weiß ich nicht mehr, nach welchen Regeln gespielt wurde. Verwendet wurde ein volles Kartenspiel. Ich glaube es gab keinen Trumpf aber man musste Farbe zugeben, wenn man hatte.
Da die Asse also die höchsten Karten waren, gab es bei jedem Spiel 4 Stiche und das war das entscheidende. Die Karten wurden reihum ausgeteilt, bis sie alle vergeben waren.
Es kam auch nicht so sehr darauf an, ob jeder Mitspieler gleich viel Karten hatte, oder manchmal auch gar keine. Inzwischen hatte der Wirt in die Mitte des Tisches ein gefülltes Bierglas gestellt.
Aber es war kein richtiges bayerisches, eher ein ”preußisches”, ein Kleines, also höchstens ein Viertelliter, was eigentlich gar nicht so recht auf einen bayerischen Biertisch paßt.

Der nach dem Geber spielte die erste Karte aus und einer nach dem anderen legte eine Karte dazu. Und es ist klar, dass einer der Mitspieler nach der ersten Runde den ersten Stich gemacht hatte. Er durfte als Preis dafür das Bierglas nehmen und ”Antrinken”.
Dann durfte er ausspielen, falls er noch eine Karte hatte, sonst kam der Nächste in der Reihe mit Ausspielen dran. Nach der nächsten Runde hatte natürlich wieder einer gestochen. Er durfte als Preis dafür ”Nachtrinken”.
Der Spieler mit dem dritten Stich musste das Glas austrinken und dem mit dem vierten Stich, dem blieb leider nur das Bezahlen.

Schon stand das nächste kleine Bier auf dem Tisch. Der Bezahler von vorher mischte und gab die Karten neu. Das Spiel begann von neuem und nahm so seinen Lauf.

Wer ein bißchen unsere menschliche Natur kennt, kann den weiteren Verlauf sicher vorausahnen. Anfangs nahmen die ersten Trinker immer kräftige Schlucke, so daß für den Dritten oft nur wenig übrigblieb.
Aber je länger das Spiel dauerte, desto kleiner wurden die Schlucke, die sich Antrinker und Nachtrinker nahmen. Aber für den Austrinker wurde die Biermenge, die im Glas blieb immer größer.
Und da ja auch die Spielkarten in den meisten Fällen so fallen, dass keiner der Mitspieler immerzu nur eine Pechsträhne oder eine Glückssträhne hat, durfte im Regelfall auch jeder immer mal wieder ”Austrinker ” sein.

Jedenfalls endete das Spiel meistens mit einem ziemlichen Massenbesäufnis und oft mit dem Schifflein – Schifflein- Lied, das uns sogar auf Stühle und Bänke brachte.

Endlich eigene Fußballschuhe

Erzählt von Heinz Weiß

Nachdem der FSV im Jahr 1949 gegründet war, begann für uns alle eine Art Pionierzeit in Sachen Fußball. Als Sportplatz stand zuerst nur der Schulanger zur Verfügung. Er war natürlich viel zu klein für ein Fußballfeld, aber er erfüllte für den Anfang seinen Zweck.
Die Ballfrage wurde auch bald dadurch gelöst, daß der FSV einige Bälle anschaffte. Die kostbaren Stücke wurden sorgsam gepflegt und gehütet, regelmäßig gesäubert und gefettet und, wenn nötig, aufgerissene Nähte sogar manchmal selbst genäht.

Das größte Problem wurden jetzt die Schuhe. Wir waren alle erst einmal froh, dass man endlich wieder Schuhe für den täglichen Gebrauch ohne Bezugsschein kaufen konnten. An spezielle Sportschuhe war dabei vorerst aber überhaupt nicht zu denken.
Ich erinnere mich daran, dass ich zur Konfirmation ein Paar Winterstiefel neu bekommen hatte, die vorsorglich mindestens eine Schuhnummer zu groß gekauft wurden, weil es nicht sicher war, wann man sich die nächsten leisten könnte.

Bei unseren täglichen Spielen waren wir, wenn es das Wetter einigermaßen zuließ, barfuß. Das härtete ab und vermittelte auch Ballgefühl. Aber schließlich spielten wir auch gegen Mannschaften aus anderen Dörfern. Zum Beispiel in Offenhausen auf einer eben gemähten Wiese, die dort ein Bauer zur Verfügung stellte.

Oder in Röthenbach bei Altdorf, auf dem Röthenbacher Anger, der aber schon ein richtiger Sportplatz, mit Toren aus Holzbalken, war. Da konnte man natürlich nicht mehr ohne Schuhe antreten. Wir trugen unsere normalen Straßenschuhe. Meist waren es sowieso Schnürstiefel, die sich auch zum Fußballspielen eigneten.
Ich hatte die Schnürstiefel meines verstorbenen Großvaters bekommen. Sie waren aus sehr weichem Leder, leider ziemlich spitz, reichten weit über die Knöchel hinauf, waren jedoch etwas zu groß. In die vorderste Schuhspitze wurde deshalb Zeitungspapier gesteckt.
Die Absätze hatte ich abgenommen und auf der ganzen Lauffläche in Eigenarbeit „Stollen“ aus Lederstückchen aufgenagelt, die ich aus den Resten durchgelaufener Ledersohlen geschnitten hatte. So hat jeder sich nach seinen Möglichkeiten geholfen.
Auf dem Bild einer Jugendmannschaft von 1950 tragen wir zwar schon einheitliche Trikots, ein ganz helles Blau, mit etwas dunklerem Kragen, einige auch schon richtige Stutzen, aber jeder seine „provisorischen“ Fußballschuhe.

Das sollte sich aber bald ändern. Bei der Thäters Nanne oben im Haus wohnte Herr Bauer. Er machte das Angebot, uns Fußballschuhe zu verkaufen. Sie mussten nicht auf einmal bezahlt, sondern konnten in sehr kleinen Beträgen abgestottert werden. Allerdings war Voraussetzung, dass eine bestimmte Menge abgenommen wurde.

Eines Abends nach einem „Training“ und der anschließenden Spielerbesprechung war es dann soweit. Wir wurden alle beim „Wirtskarl“ nach oben in den Saal geschickt und dort standen sie. Um den ganzen Saal war an den Wänden ein schmales Brett angebracht, das bei Tanzveranstaltungen als Sitzbank gedacht war.
Heute war sie ein riesiges Schuhregal. An der ganzen Längsseite des Saales war die Bank vollgestellt mit Schuhkartons. Fein nach Schuhgrößen geordnet. In jedem Karton ein Paar Fußballschuhe. Sie waren schwarz, ohne irgendwelche Zierstreifen, und hatten lange, rote Schnürbänder. Es war ein überwältigender Anblick für uns.
Wir begannen sofort mit der Anprobe. Für jeden war das passende Paar Schuhe dabei. Es gab natürlich noch keine Schraubstollen, und in die Schuhkappe war Metall eingearbeitet, aber nach unserem bisherigen Schuhwerk war alles nur eine Verbesserung.

Wer das für ihn passende Paar gefunden hatte, ließ sich in eine Liste eintragen. In der Zukunft kam Herr Bauer in jede Spielersitzung und kassierte die Raten. Wieviel die Fußballstiefel gekostet haben, wie lange wir abbezahlten, weiß ich heute nicht mehr.
Aber es war eine angenehme Sache, dass wir auf diese Weise besser für unseren geliebten Fußballsport ausgerüstet waren. Hoffentlich haben wir mit den richtigen Schuhen auch besser gespielt.

Ein neuer Sportplatz für den FSV

Erzählt von Heinz Weiß

Unser erster Fußballplatz war der Obere Schulanger. Nach der Vereinsgründung mußte ein anderes Sportgelände gefunden werden, da die Maße des Angers in keiner Weise den Anforderungen für den Pflichtspielbetrieb genügten.

Die Sportkameraden Fritz Sittauer, Georg Eckstein und Georg Weiß (von links) beim Einebnen des neuen Sportplatzes
Einige Zeit war die Sandfläche an der Hauptstraße zwischen der Schreinerei Gömmel und dem Tobiaswäldchen im Gespräch. Diese Fläche hielten wir für ideal, da sie groß genug war und mit wenig Arbeitsaufwand auch zu einem ebenen Sportplatz hätte umgestaltet werden können. Warum daraus nichts wurde, weiß ich nicht.

Ich erinnere mich auch an Trainingsspiele und auch Spiele gegen andere Vereine auf dem Röthenbacher Anger. Dort war ein richtiger Fußballplatz mit Toren aus viereckigen Balken und nicht wie auf unserem aus rohen, runden Fichtenstämmen. Aber dieser Platz war eben nicht in Weißenbrunn.

Und dann kam 1951 die Entscheidung für den oberen Sportplatz in der Gegend des heutigen Hirtenweges. Er bestand aus zwei verschiedenen Flächen. Der obere Teil war eine Wiese, die dem Gastwirt Fink gehörte.
Sie grenzte am östlichen Rand an einen Acker, am nördlichen an den Garten und einige Wirtschaftsgebäude vom Steinbruch Fink und am südlichen Rand an den Rand des Waldes, der sich den Hügel zum „Hundserer“ hinaufzieht. Der westliche Teil, nach meiner Einschätzung etwa ein Drittel des benötigten Geländes, gehörte zum Vierlingsanger.
Das ganze Gelände hatte von Ost nach West ein ziemlich starkes Gefälle. Und der Teil des Vierlingsangers war hügelig und erforderte viele Erdarbeiten. (Protokoll vom 12.6.51: Für jeden abgefahrenen Rollwagen bekommen die Arbeiter 1 DM) Es musste soviel Erde bewegt werden, dass am südlichen Sportplatzrand ein Geländeabbruch von teilweise mehr als 1m Höhe entstanden war.
Vor dem Unteren Tor war der Platz nach meiner Erinnerung auch immer etwas sandig, aber am Spielfeldrand zum Dorf hin war es feucht.

Die genau geforderten Maße hatte dieser Platz nicht. Er war nicht breit genug und so hatten wir immer Schwierigkeiten uns bei Auswärtsspielen auf großen Plätzen auf die richtige Platzbreite einzustellen. Aber das abfallende Gelände hat uns bei manchen Heimspielen Vorteile gebracht.
Viele Gegner haben sich bei Platzwahl zuerst für die untere Seite entschieden, weil sie hofften es in der zweiten Spielhälfte abwärts leichter zu haben. Aber das Gefälle war so stark, dass man es genau kennen musste, um beim Spiel auf das untere Tor nicht ständig zu hoch zu schießen.
Und unsere Hauptstärke war viel Kondition, so dass wir nicht müde waren, wenn es in der 2. Halbzeit für uns bergauf ging.

Ein neuer Trainer – Hans Vierthaler

Erzählt von Heinz Weiß

Er kam nach Weißenbrunn, zum FSV, wie ein Wunder aus einer anderen Welt. Er kam aus der Stadt und das galt damals immer als etwas Besonderes.
Er brachte viele Veränderungen für uns Spieler, unser Spielsystem und auch allerlei Aufwind in die Vereinsarbeit.

Trainiert hatten wir uns bisher mehr oder weniger selbst und unser Spielleiter Hans Gömmel, der Schreiner, der die Mannschaften aufgestellt und betreut hat, hat das mehr aus dem Herzen für den FSV gemacht.

Bei Hans Vierthaler gab es schon eine große Portion von dem, was man heute Professionalität nennt.

Es war irgendwann im Herbst 1951, als wir Spieler erfuhren, dass ein Trainer zu uns kommt. Er kam aus Nürnberg und fuhr einen “Pappdeckel- Lloyd”. Für uns war er immer Herr Vierthaler.

Bisher war unser Training in erster Linie Dauerlaufen auf dem Weg nach Ernhofen und am Waldesrand entlang bis zum oberen neuen Sportplatz und dort Fußballspielen.
Nun kam auch etwas Gymnastik dazu, ein Kopfballpendel wurde aufgestellt, gezielt wurden Eckstöße und Elfmeterschüsse geübt. Und so ist es sicher nicht verwunderlich, daß man aus dem Protokoll der Generalversammlung vom 16.12.1951 entnehmen kann:

„Als Spielleiter wurde einstimmig mit 16 Stimmen von der 1. Mannschaft Hans Führtaler gewählt.“

Der 1. Aufstieg aus der C-Klasse im Jahr 1952 wurde unter anderem somit auch sein Erfolg. Neben Training für alle Spieler und Betreuung und der 1. Mannschaft kümmerte er sich auch um andere Belange des Vereins und knüpfte Spielbeziehungen zu höherklassigen Mannschaften.
Und so war er es auch, der im Wesentlichen die Planung und Organisation der Fahrt in die Ostzone zu Ostern 1954 durchführte. (Bilder siehe Chronik)

Aber so plötzlich, wie er gekommen war, so war er auch wieder weg. Schon im Sommer 1954 wechselte er ausgerechnet zum Nachbarverein FC Altdorf, für den wir immer der “Bauernverein” waren.
Umso mehr waren wir dann allerdings erfreut, dass uns ausgerechnet im ersten Punktespiel beim FC Altdorf nach dem Trainerwechsel der bis dahin erste Sieg gelang.

An eine besondere Episode mit ihm erinnere ich mich noch. Normalerweise war er die Pünktlichkeit und Korrektheit in Person. Aber einmal kam er mit ungewöhnlicher Verspätung zur Spielersitzung. Es war an einem Winterabend.
Schnee war gefallen und wir wussten ja, dass er direkt von der Arbeit kam und dass bei diesen Straßenverhältnissen eine Verspätung durchaus möglich war. Aber diesmal dauerte es extrem lange.
Als er dann schließlich in die Gaststube kam, war er völlig durchgeschwitzt, die Krawatte hing unordentlich am Hals und sein Gesicht war ungewöhnlich blaß. Er brauchte einige Zeit der Erholung bis er berichten konnte, was geschehen war.

Die glatten Winterstraßen hatten ihn gezwungen mit seinem Lloyd sehr langsam und vorsichtig zu fahren. Aber dann vernahm er plötzlich hinter sich mächtigen Lärm und stellte fest, dass einige amerikanische Panzer hinter ihm fuhren.
Er wollte ausweichen um sie vorbei zu lassen, aber die machten keinerlei Anstalten dazu. Im Gegenteil! Der erste Panzer fuhr so nahe wie nur möglich an den Loyd mit unserem Trainer heran und hielt diesen Abstand ein und trieb so den Kleinwagen vor sich her.
Herr Vierthaler berichtete: “Wenn ich durch die Windschutzscheibe hochblickte, konnte ich über mir nur das Rohrende der Panzerkanone sehen. Ich hoffte immer nur, dass ich mit meinem Auto nicht ins Schlingern oder Rutschen kam, weil ich befürchten mußte, daß der Panzer nicht so schnell zum Stehen kommen könnte.
Über mehrere Kilometer dieser “Verfolgungsfahrt” habe ich so viel Angst ausgestanden.“

Eine besondere Weihnachtsfeier

Erzählt von Heinz Weiß

Die im FSV-Kurier vom September 1994, abgedruckten Sammellisten mit dem Hinweis – Weinglas nicht vergessen – erinnern mich an eine der ersten Weihnachtsfeiern der Vereinsgeschichte.
Möglicherweise ist es die von 1952, wahrscheinlich aber eine frühere. Auf alle Fälle wurden in ähnlicher Form wie mit den abgedruckten Listen die Einladungen ins Dorf, an die Mitglieder und an Freunde und Bekannte gebracht.
Das eingesammelte Geld brauchten wir für die Vorbereitung. Die Vereinskasse war in der damaligen Zeit so mager, dass es unmöglich war, daraus Geld vorzuschießen. Wir vom Festausschuss hatten uns etwas Besonderes ausgedacht.
Natürlich sollte der Nikolaus kommen und Spieler bescheren. Der hatte dann für viele Spieler neben dem kleinen Geschenk, damals waren es so glaube ich „Clubstutzen“, einen Vers bereit.

Davor sollte es aber weihnachtlich feierlich sein, mit einigen gemeinsamen Liedern, kleinen Gedichten und Versen und einem kleinen Krippenspiel.
Wir hatten also unsere Sammellisten, wussten wie viele Gäste sich im Saal beim Fink einfinden würden und begannen rechtzeitig mit der äußeren Vorbereitung.
Lange Tische und Bänke wurden aufgestellt, die Tische mit weißem Papier fein gedeckt und mit Tannenzweigen und Kerzen geschmückt.
Tischkarten sollten eine bestimmte Sitzordnung für den reibungslosen Ablauf der Feier garantieren. Und an jedem Platz stand, als Überraschung gedacht, eine Flasche Wein für jeden Gast. Deshalb auch der Hinweis auf der Liste „Weinglas nicht vergessen!“

Dazu muß man wissen, daß in den ersten Jahren nach 1948, nach der Währungsreform, ein Glas Wein noch etwas ganz besonderes war. Wir hatten, da wir die Besucherzahl ziemlich genau kannten, günstig eingekauft.
Vielleicht zu günstig, denn wir bekamen für unser Geld einen guten, süßen Muskateller.

Der Abend der Feier kam. Alles war vorbereitet, der Bühnenvorhang zugezogen, auf der Bühne die Organisatoren und die Vortragenden. Auf den Tischen brannten die Weihnachtskerzen und erwärmten langsam den abgedunkelten Saal.
Die Gäste kamen. Bald schon die erste Panne. In dem Schummerlicht waren die Namen auf den Tischkarten kaum zu lesen und je mehr Gäste kamen, desto schwieriger wurde es für sie die gedachten Plätze zu finden.
Namenskarten wurden ausgetauscht und schließlich saßen alle Besucher vor einer der Weinflaschen. Hinter dem Bühnenvorhang bereitete sich der Nikolaus auf seinen Auftritt vor, und im Saal wurde es immer lauter.
Wir schauten durch den Vorhangspalt und sahen die Bescherung, mit der wir überhaupt nicht gerechnet hatten.

An den Tischen waren inzwischen die Weinflaschen geöffnet. Und lag es nun daran, dass doch mehrere ihr Weinglas vergessen hatten und aus der Flasche tranken, oder dass der Wein inzwischen zu warm oder dass er zu süß war, oder lag es einfach daran, dass soviel Wein für uns alle zu ungewohnt war.
Der ganze Saal brodelte von lautem Stimmengewirr, es wurde gelacht und gesungen (aber keine Weihnachtslieder) die Fröhlichkeit wurde immer größer.

Mit direkten Worten gesagt, viele unserer Gäste waren schon richtig angeheitert, noch bevor die eigentliche Feier begann. Viel von unserem Programm konnten wir nicht mehr ablaufen lassen.
Der Nikolaus kam mit seinen Versen nicht mehr durch das Stimmengewirr, weihnachtliche Feierlichkeit konnten wir nicht mehr erwarten und so ließen wir die Sache laufen und es wurde eine sehr feucht-fröhliche Weihnachtsfeier.

Faschingsspiel

Erzählt von Heinz Weiß

Der Winter 1952 ist sehr schneereich. Was machen die Weißenbrunner Fußballer in dieser Zeit, da alle Plätze verschneit und unbespielbar sind? Sie trainieren wie üblich. Das heißt am Freitag bei Mondschein Konditionstraining auf dem Weg nach Ernhofen oder bei Neumond auf der knapp beleuchteten Dorfstraße.
Anschließend Spielersitzung mit Kartenspiel, Gesang und allem was dazu gehört. Manchmal ein nächtlicher Zug durch das Dorf. Ziel sind die Mitglieder der Vorstandschaft, die meist schon im Bett liegen, aber lauthals aufgefordert werden, eine Maß Freibier zum Wohlbefinden ihrer Mannschaft beizutragen.
Und sie sagen alle gerne zu, weil sie nicht um ihre Nachtruhe gebracht werden wollen.

Aber am Faschingssonntag in diesem Jahr ist alles anders. Ein Fußballspiel soll stattfinden. Ein Spiel mit besonderer Attraktion. Zwei Mannschaften der Sonderklasse treffen sich auf dem Sportplatz droben neben dem Steinbruch Fink, dort wo heute viele schmucke Einfamilienhäuser stehen.

Die Veranstaltung beginnt mit einem Umzug der beiden Mannschaften durch das ganze Dorf. Voran der Brantls Peter mit seiner Quetschkommode, dahinter der Schiedsrichter, der Bürgermeister, und danach die beiden Mannschaften. Die Gastmannschaft ist eine Mannschaft von Bauern.
Sie tragen ihre Werktagskleidung, das heißt lange dunkle Arbeitshosen, schwere Arbeitsstiefel, karierte Wollhemden, darüber manchmal eine Weste, einige mit Hut, andere mit Zipfelmütze. Einer ist noch im Schlafanzug und hat die Nachtkerze dabei.
Alle haben einen blauen Bauernfleck an und die Waden bis zu den Stiefeln sind teilweise mit weißen Binden umwickelt. Manch einer hat auch einen Spazierstock, einen Heurechen oder sogar einen Dreschflegel und einige einen Reisigbesen mit.

Die Heimmannschaft ist eine Damenmannschaft. Unter Rock und Bluse, Kleid oder Kostüm, Kopftuch oder Hut, Handtasche oder Köfferchen kann man nur an den Fußballstutzen und Fußballstiefeln erkennen, daß wirkliche Fußballer des FSV darunter stecken.
Sie wollen sich heute messen mit Vereinsfunktionären, Gemeindevertretern, und Landwirten.

Die tiefe Schneedecke stört die Spieler in keiner Weise, im Gegenteil! Die Bauernmannschaft macht sich den Schnee sehr erfolgreich zunutze. Mit den mitgebrachten Werkzeugen haben sie bald in der Nähe ihres Strafraumes einen Schneewall aufgebaut, der von den Damen nicht so leicht zu überwinden ist.
Die Damenmannschaft ihrerseits verlässt sich nicht nur auf ihre Fußballerbeine, um die Angriffe abzuwehren, sondern hat sich an verschiedensten Stellen der Spielfläche Schneeballdepots angelegt und kann auch damit manchen Ansturm erfolgreich abwehren.
Schließlich ergreifen sogar auch die Zuschauer Partei und machen mit gezielten Schneeballwürfen manchen erfolgversprechenden Angriff unschädlich. Ein hochklassiges Spiel kann nicht so recht zustande kommen, da viele Spieler oft hinter dem Rücken des Schiedsrichters in Zweikämpfe ganz anderer Art verwickelt sind.
Sie seifen sich gegenseitig ein, schieben sich Schnee unter Hemd, Kleid oder Bluse, und betreiben allerlei Unfug. Plötzlich ist der Ball verschwunden. Alle “Spielerinnen” und Spieler gehen auf die Suche. Nur der Bauerntorwart steht seelenruhig an seinen Torpfosten gelehnt und wartet.
Er weiß genau, daß ihm keiner den Ball in die Kiste schießen kann, denn er hat ihn in einem Schneehaufen in der Nähe seines Tores vergraben. Mit großem Hallo wird der Ball endlich gefunden und das Spiel geht weiter.

Noch hat keine Mannschaft ein Tor erzielen können und bald ist die Spielzeit abgelaufen. Der Schiedsrichter droht schon mit Verlängerung, da ist wieder der Ball weg. Fast alle Spieler stehen suchend irgendwo auf dem Platz.
Nur der Schneider Liebel hinkt so schnell er kann mit seinem verkürzten Bein über den Platz auf das Tor der Damenmannschaft zu. In der einen Hand schwingt er die Gemeindeglocke, mit der anderen hält er krampfhaft seine blaue Schürze, die eine verdächtige, dicke Wölbung hat zusammen.
Zu spät erkennt unser Torwart die drohende Gefahr. Schon ist der Schneider da und wirft sich mit letzter Kraft zusammen mit dem Ball in das Tor.

Tor…! Tor…! brüllen seine Mitspieler. Der Schiedsrichter ist ebenso verblüfft wie wir alle und pfeift das Spiel ab. Die Außenseiter haben das Faschingsspiel mit 1:0 gewonnen.

Ein Fußballidol beim FSV

Erzählt von Heinz Weiß

Im Jahr 1953 verwirklichte sich für uns Fußballer ein Traum. Unser großes Fußball – Idol, Max Morlock, kam nach Weißenbrunn und wir bekamen sogar die Möglichkeit ihn sehr direkt kennen zu lernen.

Sein Onkel hatte an der Straße nach Klingenhof, oberhalb des Campingplatzes, ein Haus gebaut und irgendwann kam Max Morlock dorthin auch zu Besuch.
Unser Sportplatz war nicht weit entfernt von dem Haus des Onkels und eines Tages erschien dann, zu unser aller Verblüffung, Max Morlock persönlich bei uns auf dem Platz.
Und es kam noch besser, Max Morlock kam auch zu einigen Trainingsabenden und führte mit uns Sondertraining durch. Er übte mit uns in erster Linie taktische Feinheiten:
Besondere Aufstellungen und Verhaltensweisen bei Eckstößen; neue, überraschende Verhaltensweisen bei der Ausführung von Freistößen; Täuschungsmanöver bei Einwürfen usw.
Aber er gab auch raffinierte Tricks für die Verunsicherung des gegnerischen Torhüters bei Eckstößen oder für das Umdribbeln von anderen Spielern.
Auch taktisches Verhalten der verschiedenen Mannschaftsteile (damals spielte man noch das WM-System) wurde ganz bewusst geübt.

Für uns Spieler waren diese wenigen Übungsabende mit unserem Idol etwas ganz Besonderes. Und die Spiele unmittelbar nach einem Morlock-Training waren auch erfolgreicher.

Max Morlock war immer sehr bescheiden und zurückhaltend. Er hatte keinerlei Starallüren, obwohl er damals schon der große Clubspieler und ein weit bekannter Nationalspieler war.

Die Trainingsabende hörten auf, als die Nationalmannschaft sich auf die WM in der Schweiz vorbereitete. Aber wir erhielten noch mal einen besonderen Gruß von ihm als die BRD Weltmeister geworden war.
Es war ein Bild der Siegermannschaft von 1954, mit allen Originalunterschriften.

Faschingsball

Erzählt von Heinz Weiß

Bei den Faschingsbällen waren wir Spieler immer alle bestrebt, maskiert an den Veranstaltungen des Vereins teilzunehmen. Mein Bruder Georg und ich traten als Trainer und Spielführer einer neu gebildeten Mannschaft auf. Der Auftritt begann mit uns beiden.
Georg war in seinem Torwartdress und brachte seinen Strohreisekoffer mit, der mit vielen Aufklebern versehen war, auf welchen die leider schlechten Spielergebnisse der damaligen Vorrunde in der B-Klasse vermerkt waren.
In dem Koffer waren die Gegenstände, die in dem Text genannt sind und immer Beziehung zu den jeweils angesprochenen Spielen hatten.

Nach dem Hinweis auf die Amazonenmannschaft ertönte ein besonderes Signal, die Saaltür ging auf und herein kam unsere neue Fußballelf. Alle Mannschaftmitglieder waren mit langen, gleichfarbigen Trainingsanzügen bekleidet.
Auf dem Kopf trugen sie dunkelblaue Schirmmützen, deren Ohrenklappen weit heruntergezogen waren, denn es war ja ein strenger Winter. Die Gesichter waren von schwarzen Gesichtsmasken verhüllt.

Dann begann das Schautraining, um nicht zu sagen, Fußballballett, das wir abziehen wollten, um in Zukunft unsere Gegner zu verwirren. Bald schon wurde es den Teilnehmern zu heiß, und sie mußten die Hüllen fallen lassen.
Unter der blauen Trainingsjacke kam das rote Vereinstrikot der 1.Mannschaft zutage. Nachdem die lange Trainingshose abgelegt war, standen alle „Fußballer“ in langen weißen Unterhosen vor dem johlenden Publikum.
Immer anstrengender wurde das Trainingsprogramm, so dass schließlich auch die langen Unterhosen wegfallen mußten. Und nun erschienen nicht etwa die bekannten, krummen Fußballerhaxen, sondern anmutige, schlanke Mädchenbeine.
Nach weiterer körperlicher Anstrengung wurden auch die Mützen abgenommen. Ob auch die Gesichtsmasken fielen, weiß ich heute nicht mehr. Auf alle Fälle hatte der FSV die erste Fußball-Damenmannschaft von Mittelfranken der staunenden Öffentlichkeit vorgeführt.
Die ganze Mannschaft bestand aus Freundinnen der Spieler und jungen Mädchen aus dem Dorf. Einen Auftritt dieser Mannschaft auf dem Fußballplatz gab es leider nicht.

Für uns direkte Teilnehmer war aber auch die Vorbereitung schon ein großes Vergnügen. Sehr gut klappte die Geheimhaltung in den Wochen der Vorbesprechungen.
In Altdorf wunderte man sich beim „Soldner“ und bei „Textil-Schmidt“, dass plötzlich so viele junge Mädchen aus Weißenbrunn lange Unterhosen für Brüder oder Verwandte brauchten. Das Umkleiden am Ballabend fand bei Dauphins statt.
Als die Mädchen schließlich alle verkleidet und maskiert waren, wussten wir untereinander selbst nicht mehr, wer eigentlich unter der jeweiligen Maske steckte.
Sie waren alle äußerlich so völlig ähnlich, dass man jedesmal nachfragen oder unter der Gesichtsmaske nachsehen musste. Übrigens war es gar nicht so einfach gewesen, genügend Mädchen zum Mitmachen zu bewegen. Aber ihr Auftritt war ein großer Erfolg.

Ausflug in die DDR

Erzählt von Heinz Weiß

Der Ostersamstag 1954 hatte noch gar nicht so recht begonnen. Es war ungemütlich kalt und reg­nerisch. Eigentlich ein Tag, an dem man möglichst lange im Bett bleiben sollte.
Aber die Weißen­brunner Fußballer waren schon auf den Beinen, denn es war endlich so weit. Die lange geplante Fahrt in die DDR, mit zwei Freundschaftsspielen in Köthen und in Kleinpaschleben, sollte beginnen.
Unser Trainer Hans Vierthaler hatte diese besondere Fahrt für uns organisiert. In langen Gesprächen waren wir auf die Besonderheit dieser Veran­staltung vorbereitet worden, die im Rahmen der sogenannten deutsch-deutschen Sportbeziehungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands stattfand.

Als wir uns mitten in der Nacht am Treffpunkt einfanden, stand der Bus schon bereit. Auf dem Bus­dach lagen, gut verschnürt, die Gast­geschenke: zwei Fässer Bub-Bier für die Mannschaften, gegen die wir spielen sollten. Endlich waren alle Teilnehmer im Bus und es konnte losgehen.

Die Fahrt auf der Autobahn in Richtung Hof verlief anfangs ohne Behinderungen. Aber je weiter wir ins Fichtelgebirge kamen, desto winterlicher wurde es. Und schließlich mussten wir sogar auf schneeglatte Nebenstraßen ausweichen und kamen immer langsamer voran.
Schon viele Kilometer vor dem Grenzübergang kam der Verkehr völlig zum Stehen. Je länger die Wartezeit wurde, desto unruhiger und ungeduldiger wurden wir, denn wir sollten ja am Nachmittag in Köthen spielen. Aber wir mussten warten, warten, warten, wie alle anderen auch.

Schließlich gab es Bewegung auf der Gegenfahrbahn. Wir konnten beobachten, dass stehende Fahr­zeuge vorsichtig an den Straßenrand manövriert wurden, um in der Mitte eine Gasse freizumachen. Bald erkannten auch wir den Grund dafür.
Es war ein Fahrzeug der Volkspolizei, das sich zwischen den gestauten Fahrzeugen durchdrängte. Die Polizei war auf der Suche nach uns. Da die ge­plante Ankunfts­zeit schon überschritten war, hatten die Gastgeber die Grenzübergangsstelle Rudolphstadt verständigt.
Unser Bus wurde aus der Schlange der wartenden Fahrzeuge herausmanövriert, und unter Polizeibegleitung ging es nun sogar ohne jede Grenzkontrolle gleich durch bis nach Köthen.

Viel Zeit bis zum Spielbeginn blieb nicht mehr. An das Spiel selbst habe ich kaum eine Erinnerung. Es endete 1:1 unentschieden. Aber das Köthener Stadion, mit Stehtribünen rundherum und einem großen Vereinsheim, war das größte, in dem wir bis dahin gespielt hatten.
Das Spielfeld war für uns riesig, denn wir spielten in Weißenbrunn ja noch auf dem engen, kurzen Sportplatz droben am Waldrand, neben dem Wohngrundstück vom Steinbruchfink.
Nach dem Spiel gab es noch ein Zusammensein mit den Gastgebern, und am Abend fuhren wir weiter nach Kleinpaschleben, wo wir bei Privatleuten untergebracht waren.

Kleinpaschleben passte eher zu uns. Es war auch ein Dorf, viel­leicht etwas größer als Weißenbrunn, aber die Menschen dort waren unsere Kragenweite. Schon am ersten Abend kam es zu einem langen, feuchtfröhlichen, sehr ausgelassenen Beisammensein.

Das Fußballspiel am nächsten Tag war eigentlich zweitrangig. Wir waren alle übernächtigt und gar nicht so recht zum Spielen geeignet. Und es wurde auch ein sehr seltsames Spiel. Es war außerordentlich windig, wenn nicht sogar stürmisch.
Der Wind wehte genau in der Längsrichtung über den Platz. Die Platzwahl hatte ergeben, dass wir gegen den Wind spielen mussten. Schon unmittelbar nach dem Anstoß, nach einem höheren Zuspiel, wurde der Ball vom Wind in Richtung zu unserem Tor getrieben.
Der Abwehrversuch mißlang, denn der Sturm verwehte den Ball über die eigene Auslinie. Der Eckball brachte unserem Gegner aber auch keinen Vorteil, denn er wurde weit hinter unser Tor abgetrieben. Es gab Abschlag. Aber auch der kam nicht weit.
Der Wind hob den Ball, und er flog wieder ins Toraus, also Eckball! Der Eckstoß führte wieder zu einem Abstoß für uns. Und so ging es eine ganze Weile. Es gab einige Versuche mit flachen Zuspielen, aber immer, wenn der Ball auch nur etwas höher kam, wurde er vom Wind vertrieben und fast jedesmal ins Toraus.
Der Abschlag führte dann wieder zu Eckball, der Eckball zu Toraus. An ein richtiges Spiel war nicht zu denken und so einigten wir uns schließlich auf Spielabbruch. Das kam uns allen nicht ungelegen, denn die Auswirkungen der kurzen Nacht machten sich auch bemerkbar.

Nach dem „Spiel“ traf man sich bald wieder im Dorfgasthaus zur Ab­schiedsfeier. Aber so richtig sportlich zufrieden war keiner. Zwei Spiele und bei keinem eine Entscheidung, da mußte doch irgend eine Möglichkeit gefunden werden, einen „Sieger“ zu ermitteln. Da kam die glänzende Idee mit der Bierstaffel.

Die beiden Fußballmannschaften mußten sich einander gegenüber auf­stellen. Den Anfang jeder Reihe bildete der Torhüter, den Schluss der Spielführer. Jedem Spieler wurde ein gefülltes Bierglas zwi­schen die Füße gestellt.
Auf Kommando mußte der Erste in der Reihe, also der Torwart, sein Glas aufheben, trinken, so schnell er konnte, das leere Glas abstellen, dann erst durfte der Nächste mit sei­nem Glas beginnen. Unser Torwart war durstig und brachte uns gleich einen Vorsprung.
Aber dann wurden die Gastgeber immer schneller mit dem Trinken und holten auf. Schließlich war fast „Gleichtrunk“ und nun kam alles auf unseren Spielführer an.

So, wie bei dieser Gelegenheit hatte ich ihn beim Biertrinken noch nie gesehen. Er hob sein Glas fast gleichzeitig mit seinem Gegen­über an den Mund und, scheinbar ohne überhaupt zu schlucken, verschwand der Inhalt in seiner Kehle.
Er hatte das leere Glas schon längst auf der Erde abgestellt, da war sein Mitstreiter immer noch am Schlucken und gab schließlich sogar auf.

So waren wir doch noch zu einem kleinen „sportlichen“ Erfolg gekommen.

Einkehr in Sindlbach

Erzählt von Heinz Weiß

Wieder einmal war Spielleitersitzung in Neumarkt. Der Winters Paul als Spielleiter, der „Wonger“ als Vorstandsmitglied, und ich als Schriftführer, waren beauftragt daran teilzunehmen.
Die Sitzung war wie üblich. Neben der Absprache von Terminen für Pokalspiele, den Hinweisen auf nicht erfreuliche Vorgänge auf manchen Spielfeldern, einer Art Rechenschaftsbericht der verschiedenen Spartenleiter gab es wie immer besonders heftige Klagen und bittere Vorwürfe vom Schiedsrichterobmann an alle Vereine, die nicht genügend Schiedsrichter für den Spielbetrieb abstellten.

Endlich war alles vorbei, und wir machten uns auf den Heimweg. Zwischen Berg und Oberölsbach, Autobahn nach Neumarkt gab es damals noch nicht, schlug der „Wonger“, unser „Chauffeur“, vor, noch irgendwo einzukehren. Wir waren nicht abgeneigt und so fuhr er mit uns nach Sindlbach, einen Ort, in den man von Weißenbrunn aus normalerweise nicht einkehrte, wo wir also fremd waren.

Vor dem Dorfgasthaus wurde geparkt und wir drei „Fremden“ gingen in die Gaststube. Der Winters Paul, ein großer, kräftiger Mann, gekleidet mit Ledermantel und Hut, ein „besserer Herr“, der Stefan und ich auch nicht werktäglich angezogen, seine untergebenen Begleiter. Es war Samstagabend. Am Stammtisch saßen Männer aus dem Dorf und redeten miteinander.
An einem anderen Tisch wurde Schafkopf gespielt. Der Wirt stand hinter seinem Ausschank und machte ein Bier fertig. Alles ver­stummte, als die drei Fremden eintraten, einen freien Tisch aussuchten, Hut und Mantel ablegten und sich niederließen.

Der Wirt kam, nahm die Bestellung entgegen und verschwand wieder hinter seinem Schanktisch. Die Männer am Stammtisch und auch die Kartenspieler schauten immer mal verstohlen zu den drei Fremden hin, und langsam kam das abgebrochene Gespräch wieder in Gang.

Der Winters Paul, von Beruf Schachtmeister, begann mit seiner lauten Stimme plötzlich von Bauar­beiten, Vermessungen, Planungen zu sprechen. Stefan und ich hörten zunächst verwundert zu, denn wir hatten doch gerade noch über die Sitzung in Neumarkt gesprochen. Plötzlich stand der „Wonger“ auf, ging entschlossen nach draußen zum Auto und kam mit einer Kartentasche zurück.
Am Tisch holte er eine Landkarte heraus und breitete sie teilweise aus. Es war eine Karte der Umgebung von Altdorf und Neumarkt. Sie war aus kaschiertem Leinen, auf der Rückseite mit einem grauen Leinenstoff be­klebt. Sie sah sehr amtlich, wichtig und geschäftsmäßig aus. Ich glaube, es war eine Militärkarte.
Der Wirt brachte die Getränke, die Karte wurde etwas beiseite geschoben, der Wirt warf einen verstohlenen Blick darauf und ging wieder.

Paul Winter breitete die Karte erneut weit auseinander, zeigte mit seinen großen Händen mal hierhin, mal dorthin, fuhr weitausholend Linien und Umrissen nach und sprach nun von Trassenführung, von Bodenaushub, Landschaftsveränderung und dergleichen. Die Sindlbacher am Stammtisch bekamen lange Ohren, ihre eigene Unterhaltung wurde immer spärlicher und hörte schließlich völlig auf.
Jetzt endlich hatte auch ich begriffen, was hier los war und beteiligte mich an dem „Fachgespräch“ über Straßenplanung, kommende Baumaßnahmen, Bedarf von Arbeitern usw.

Der Wirt brachte unser Abendessen. Nachdem er die Teller abgestellt hatte, blieb er am Tisch stehen, warf einen Blick auf die Karte, erkannte wohl, dass es sich um seine Gegend handelte und stellte end­lich die lang erwartete Frage: „Wer sind die drei Herren? Woher kommen`s denn?“

Paul Winter nannte seinen Beruf, erklärte, daß er als Schachtmeister unterwegs sei, um die Gegend kennenzulernen und deutete dabei wie selbstverständlich auf die Karte, die vor uns lag und in der die Trasse der für die Zukunft geplanten Autobahn gestrichelt eingezeichnet war.
Er sprach wieder über Baumaßnahmen, auch von Bauleuten, die in die Gegend kommen würden, von Ingenieuren, die hier Unterkunft brauchten, von Grundstücksbedarf und von Arbeitern, die benötigt würden. Der Wirt hörte aufmerksam zu. Man konnte richtig sehen, wie es in seinem Kopf arbeitete. Schließlich wünschte er guten Appetit und ging sofort hinüber an den Stammtisch.
Dort wurden die Köpfe zusammengesteckt, und der Wirt erzählte offensichtlich den neugierigen Dorfbewohnern das, was er gehört hatte. Wir verhielten uns so unbeteiligt wie möglich, bemerkten aber, dass immer häufiger zu uns herübergeblickt wurde.

Schließlich standen zwei Männer auf, und kamen zu uns. Etwas verlegen sprachen sie uns an: Sie hätten ja nun erfahren, daß wir Bauingenieure seien und den Autobahnbau vorbereiteten. Sie wollten doch gerne wissen, wann die Arbeiten losgehen sollten und ob man sich auch schon um Arbeitsplätze bewerben könne.

Paul Winter erklärte mit großer Selbstverständlichkeit, dass vorerst nur mit der Planung begonnen werde, dass aber sicher bald andere „Kollegen“ kämen, die dann die Einzelheiten erledigen und si­cher auch ein Baubüro einrichten würden.
„Ihr müßt eben in der nächsten Zeit gut aufpassen“, sagte er, „wenn wieder Fremde in euer Dorf kommen, dann geht es vielleicht schon bald los!“ Mit diesen Auskünften kehrten die beiden Einheimischen an ihren Stammtisch zurück und entfachten dort ein lebhaftes Gespräch.

Wir hatten inzwischen unser Abendessen verzehrt, tranken schnell den letzten Schluck, bezahlten und verließen den Ort. Während der Weiterfahrt nach Weißenbrunn haben wir noch viel gelacht und uns besonders über unsere wortlose Einigkeit gefreut.

Dorfchronik

Auszüge aus der Dorfchronik und der Examensarbeit von Heinz Weiß 1957

Besiedlung und Namenserklärung

Zu welcher Zeit die ersten Ansiedlungen in dem Dorf Weißenbrunn und in den zur früheren Gemeinde gehörenden Ortschaften Winn und Ernhofen gegründet worden sind, darüber fehlen alle Nachrichten.
Keine Sage aus alter Zeit hat eine Andeutung über die Verhältnisse oder ein Ereignis in der ersten Zeit seiner Entstehung der Nachwelt überliefert.

Die älteste geschriebene Form des Namens, die zu finden ist, heißt Veitsbrunn. Spätere Formen sind Weyzenbrune (1360), Vizzebrun oder Wizzenbrun und Weissenprun (1393).
Die Endsilbe des Dorfnamens ”-brunn” hängt sicher mit dem natürlichen Wasserreichtum, bedingt durch die Lage am Albsteilrand, zusammen.
Sie verweist eigentlich auf die Zeit der Gründung von Königshöfen in den fränkischen Keuperlandschaften und der Alb. (8. Jahrhundert).
Die Vorsilbe ”Veit-” kann vielleicht mit einem Personennamen in Verbindung zu bringen sein.

Die Flurform (Gewannflur) und die Anlage des Dorfes (Haufendorf) deuten auf eine frühe Zeit der Besiedlung hin.
(Gewannflur: Die regelmäßigste Flureinteilung in beliebig viele, mindestens aber drei Flurschläge oder Gewanne (Dreifelderwirtschaft) die in sich in parallellaufende, gleich geformte Streifen je nach der Zahl und Größe der in der Ortschaft liegenden Bauernstellen unterteilt sind.
Die ”Gewanne liegen : a) am Weg nach Ernhofen; b) zwischen Weißenbrunn und Winn; c) auf dem Klingenhofer Berg. Wiese und Wald sind zunächst von der Gliederung ausgeschlossen.)

Vorgeschichte

Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass schon in der Vorzeit in der nächsten Umgebung von Weißenbrunn oder in Weißenbrunn selbst Ansiedlungen bestanden haben. Zahlreiche vorgeschichtliche Grabfunde weisen darauf hin.

Die ältesten Funde stammen aus der Bronzezeit (Hügelgräberzeit 1700 – 1200 v. Chr. Dazu gibt es Niederschriften in der „Festschrift der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg“ von 1901 auf den Seiten 209 und 212.

Vorchristliche Begräbnisstätte im Waldteil Vogelherd auf dem Weißenbrunner Berg

Drei kleine Grabhügel befanden sich, in geringer Entfernung voneinander, auf dem anmutigsten Plätzchen hoch im weißen Jura.
Die Stelle liegt von der Straßenkreuzung des mittelfränkischen Dorfes Weißenbrunn in östlicher Richtung 1100 m entfernt, in Luftlinie gemessen.

Der Waldteil führt den Namen Vogelherd und gehört der Gemeinde Weißenbrunn, welche uns die Erlaubnis zur Ausgrabung der Hügel bereitwilligst und ohne besondere Entschädigung gewährte.

Die kleine Nekropole (Begräbnisstätte) liegt nahe dem aussichtsreichen Rande des Weißjuraplateaus und in bemerkenswerter Nähe von dem am 10. Juni 1897 abgegrabenen Bronzezeithügel im Waldteil Breitenloh (in annähernd nordöstlicher Richtung 1215 m von diesem entfernt).

Hügel I hatte nur 9m Durchmesser und 0,70 m Höhe und war auf einer etwas nach Süden sich neigenden Fläche aus den Kalkplatten des weißen Juras mit wenig Erde aufgebaut.
Mit horizontalen Steinplatten war zuerst die ebene Erde bedeckt worden und auf diesem Steinpflaster war der Hügel aus abwechselnd horizontal und vertikal gestellten Platten aufgeschichtet.

In diese Steinplatten eingebettet, lag genau östlich und in 3m Entfernung von der Mitte ein menschliches Skelett weiblichen Geschlechts. Die Leiche war von Norden nach Süden orientiert mit dem Kopf im Norden.
Dieser war zwischen zwei Steinplatten vollkommen plattgedrückt worden. Auffallend ist auch hier, dass die Leiche so seicht in den Hügel eingegraben war. Die Knochen befanden sich nur 0,20m bis 0,30m tief unter der Hügeloberfläche.
An Beigaben fanden sich außer einigen schwarzbraunen, undefinierbaren Scherbenstückchen mehrere scharfkantige Feuersteinsplitter in der Nähe der rechten Schulter und ein Bronzering am linken Handgelenk.
Dieser ist kreisrund aus glattem Draht von gedrückt ovalem Querschnitt gebogen und so eng, daß nur eine sehr zart gebaute Hand hindurchschlüpfen konnte. Denn seine lichte Weite beträgt nur 61mm, seine Breite 5mm, die Dicke 2mm. Die Bronze ist unter der graugrünen Patina von kupferroter Farbe.

Die Leiche besitzt eine Länge von 1,55m; die Armknochen sind ausnehmend schwach.

Die Bruchflächen der Scherben sind alt und passen trotz sorgfältigsten Probierens nicht aufeinander. Diese Tatsache läßt nur zwei Deutungen zu:
Entweder wurden die beizugebenden Gefäße bei der Bestattung absichtlich zertrümmert und die Scherben umhergestreut oder die Leiche gehört einer Nachbestattung an, gelegentlich welcher die Urnenbeigaben älterer Bestattungen umhergestreut wurden und so in die Nähe der nachbestatteten Leiche kamen.

Die letztgenannte Erklärung halte ich angesichts zahlreicher Analogiefälle für die wahrscheinlichere. Für sie spricht auch die peripherische und seichte Lage des Skeletts; ferner der Umstand, dass die übrigen 3 bis 4 Leichen, welche in dem Hügel bestattet worden waren, sämtlich in größter Unordnung zerstreut lagen.

Es fanden sich nämlich noch im Verlauf der Grabung:
Zertrümmerte Schädelknochen in 30cm Tiefe; ein Oberschenkelknochen, 70cm tief; im Süden zwei Oberschenkelknochen und Beckenteile, auch ganz verwitterte Teile der übrigen Knochen; im Norden ein Armknochen; im Südwesten Arm- und Schenkelknochen.

Obwohl die sparsamen Beigaben der in diesem Hügel bestatteten Leichen keine Anhaltspunkte für eine Zeitbestimmung geben, glaubten wir doch aus dem einfachen Bau des Hügels, aus der seichten Bestattungsweise der Leichen entnehmen zu dürfen, dass es sich um einen Bronzezeitfriedhof handelte.
Diese Vermutung wurde durch das der Bronzezeit angehörende Inventar des benachbarten Hügels III später sehr wahrscheinlich gemacht.

Hügel II hatte nur 7m Durchmesser und 0,5m Höhe; er wurde zwei Jahre später, am 26.August 1899, mit 8 Arbeitern in gleicher Weise abgegraben.
Nur an einer Stelle im Süd-Südwesten nahe dem Umfang fanden sich verwitterte Reste menschlicher Knochen, deren ursprüngliche Lage durch die darüber lastende Steinmasse so verschoben war, dass sie nicht mehr festgestellt werden konnte. Beigaben fehlten vollständig.

Interessanter war der am gleichen Tage abgegrabene Hügel III.
Anscheinend hatte dieser runde Hügel eine Höhe von 1,2m über dem Niveau des äußeren Bodens bei einem Durchmesser von 13 m. Im Verlauf der Abgrabung stellte sich jedoch heraus, daß der Hügel auf einer natürlichen Bodenerhöhung errichtet war, so dass die aufgeschüttete Schicht nur eine Mächtigkeit von 0,4m besaß.
Auf dieser natürlichen Bodenerhebung lagen, auf eine Fläche von etwa 4m Radius verteilt, die Knochen von mindestens fünf menschlichen Skeletten. Da die Leichen nur mit einer, überdies sehr locker geschichteten Steinlage von kaum 40cm Dicke bedeckt waren, sind die Knochenreste teilweise zu Mehl zerfallen und nicht mehr bestimmbar. So waren von einigen Schädeln nur noch die Zähne und papierdünne Reste der Kieferknochen erhalten. Die Zähne sind gelblichweiß, gut erhalten, stark abgenützt an der Schneide.

Drei von den fünf Leichen waren jeglichen Schmuckes bar; sie lagen, ein annähernd gleichseitiges Dreieck markierend, in fast gleichem Abstand von der Mitte. Von ihnen bot die am nördlichsten gelegene ein bemerkenswertes Bild: sämtliche Knochen lagen in natürlicher Reihenfolge auf einer Kalksteinplatte von 1,16m Länge, 0,7m Breite und 0,2m Dicke.
Da die Knochen unzweifelhaft einem ausgewachsenem Individuum angehört haben mussten, muss dasselbe in zusammengekauerter oder hockender Stellung auf den Stein gelegt worden sein.
Die vierte Leiche lag 2,4m nordwestlich von der Mitte; in ihrer Bauchgegend fand sich ein Bronzedrahtring. Die fünfte Leiche nahm genau die Mitte des Grabhügels ein. Bei derselben lag, dicht an der rechten Seite des Schädels ein interessanter Bronzedolch.

Der Bronzering ist aus einem 2,5mm dicken Broncedraht von rautenförmigem Querschnitt etwas unrund gebogen; die Enden des Drahtes sind hakenförmig umgebogen und federnd ineinander gehängt.
Die Patina ist glänzend graugrün. Der Ring scheint zum Zusammenhalten des Gewandes gedient zu haben, wie dies in unserer Gegend zur Bronzezeit Gebrauch war. Da der Durchmesser des Ringes 3cm beträgt, kann er weder als Arm-, noch als Fingerring verwendet worden sein.

Der Bronzedolch hat eine Länge von 118mm und eine größte Breite von 25mm in der Nähe des griffwärts gerichteten Endes. Seine Form kommt dem der botanischen Systematik entlehnten Ausdruck -lineal-lanzettlich- am nächsten, mit spatelförmigem Griffende.
In der Medianlinie zur größten Dicke anschwellend, läuft diese prächtige Klinge nach beiden Seiten in zwei scharfe, fast etwas hohlgeratene Schneiden aus, welche geradlinig konvergieren, bis sie sich am unteren Ende mit sanfter Beugung zur Spitze vereinigen.
Die Schneiden sind nicht geschliffen, sondern gehämmert (gedengelt), wie man aus der unregelmäßigen Spiegelung deutlich erkennt.

Das obere, griffwärts gerichtete Ende ist gleichfalls zu eine scharfen Schneide kurz gehämmert und war offenbar mittels dieser in einem Holzgriff eingekeilt, wie die Feuersteindolche, als deren getreue Kopie in Metall wir diese schöne Waffe wohl betrachten müssen.
Der Griff mag wohl von hartem Holz gewesen sein, da er das obere Dolchende nicht tief fassen konnte, weil dasselbe von der Schneide aus in steilem Winkel schon nach 12mm zur größten Dicke anschwillt. Diese Befestigungsweise machte die Nietlöcher, welche die späteren Dolche der Bronzezeit am Griffende besitzen, entbehrlich.

Die ganze Waffe ist schön poliert, so dass die makellose, prachtvoll grasgrüne Patina noch jetzt lebhaft glänzt. So einfach die Form dieses Dolches ist, so spricht doch aus allen Konturen ein so kunstvolles Ebenmaß, dass es uns an den klassischen Formensinn altgriechischer Meister gemahnt.
Wenn die Form des Schwerts wirklich das Entglied einer aus der Dolchform quellenden Entwicklungsreihe ist, so muss dieser Dolch wohl die älteste vorbildliche Form gewesen sein.

Deshalb rechnen wir diese Bestattung und mit einiger Wahrscheinlichkeit auch die benachbarten Hügel I und II zur älteren Bronzezeit. (1800 – 1100 v. Chr.)

Nekropole (Grabstätte) im Waldteil Balgeten bei Weißenbrunn

(Jüngere Hallstattzeit. Erdbestattung in einer Grabkammer)

Auf dem Hochplateau des weißen Jura, in nordöstlicher Richtung von dem oben genannten Dorf Weißenbrunn, steht ein kleiner Fichtenwald auf einem Platze, der im Munde des Volkes Balgeten heißt. In grauer Vorzeit soll dort ein Dorf gleichen Namens gestanden sein, welches nach einem Brande von seinen Insassen für immer verlassen worden sei.
Der Wald ist im Südwesten von einem nach dem Dorfe Winn und im Südosten von einem nach Offenhausen führenden Fuhrweg begrenzt; der Punkt, in welchem sich die beide kreuzen, ist in der Luftlinie 1065m ostnordöstlich von der Mitte des Dorfes Weißenbrunn entfernt.

Ungefähr 160m nordwestlich von diesem Kreuzungspunkt liegen im Wald vier kleine, länglichrunde Grabhügel nahe beieinander.

Hügel I und Hügel III wurden am 7. Okto 1897 abgegraben, während die Hügel II und IV intakt bleiben mussten, weil sie mit Wald bestanden sind.

Hügel III hatte von Süden nach Norden 5,5m, von Osten nach Westen 7m Durchmesser und eine Höhe von 0,5m. Obwohl dieser Hügel aus Steinen und Erde genau ebenso aufgebaut war, wie alle übrigen Grabhügel im Juragebiet, und daher wohl auch ein solcher sein musste, ergab die Abgrabung gar keinen Anhaltspunkt für diese Annahme. Der Hügel hatte kein Inventar.

Hügel I war noch kleiner, aber trotzdem relativ ergiebig; er maß von Norden nach Süden 4m, von Osten nach Westen 5m in der jeweils größten Ausdehnung, und war gleichfalls 0,5m hoch. Er war aus Erde und Kalksteinen von durchschnittlich Kopfgröße kunstlos auf ebener Erde errichtet und enthielt genau in der Mitte eine wirkliche, aus 5 Steinplatten zusammengestellte Grabkammer. Außerhalb der letzteren fand sich gar nichts Prähistorisches, nicht einmal Kohlenspuren oder Scherben. Die Grabkammer hatte die folgende Konstruktion:

Auf einer riesigen Steinplatte von zwei Zentnern Gewicht, welche horizontal in die ebene Erde eingelassen war, standen als Seitenwände im rechten Winkel zueinander und zur Grundplatte 4 Steinplatten von durchschnittlich 60cm Länge, 40cm Breite und 15cm Dicke; je zwei Platten standen parallel zur Nord-Süd und zur Ost- Westrichtung.
Die Kammer war oben offen und von hier aus mit demselben Material gefüllt, aus welchem der übrige Teil des Hügels bestand. Die nach Süden gekehrte Seitenwand war aber nach innen gesunken und hatte einen Teil des Kammerinventars herausgedrückt, so daß große Unordnung konstatiert wurde.

Der Inhalt der Kammer bestand aus einer größeren Zahl von Skelettresten, welche von Baumwurzeln innig durchwachsen und von innen heraus fast aufgezehrt waren. Sie lagen, wie dies bei den geringen Dimensionen der Kammer erklärlich ist, ohne erkennbare regelmäßige Anordnung und gehörten mindestens zwei Personen an: einem erwachsenen Menschen und einem Kinde; von diesem waren der Oberarm und zwei Zähne gut erhalten. Ein einziges Stückchen schwarzbraunen Scherbens lag mitten unter den Knochen. Im nordwestlichen Eck der Kammer, durch die Fuge zwischen den Steinen nach außen gerutscht, lag ein massiver ornamentierter Broncereif auf dem Rand der Grundplatte.

In der Nähe, auf der Innenseite, lagen die beiden Hälften eines zerfallenen Stöpselrings und im südöstlichen Eck lag ein ebensolcher, gut erhaltener Stöpselring aus Bronze.

Der Bronze-Armring hat folgendes Aussehen: Der größte Durchmesser seines Lumens beträgt 7,3cm, der kleinste, zu diesem senkrecht stehende, 5,4cm. Der Querschnitt des gegossenen Rings ist oval und hat eine größte Breite von 6mm. Die dem Arm zugewendete Innenseite ist glatt und zeigt die goldgelbe Farbe der Bronze; die gegenüberliegende Lichtseite ist ornamentiert; die in der Ringebene liegenden Seiten sind plattgedrückt, als ob der Ring zwischen zwei Schleifsteinen abgerieben worden wäre. Die Ornamentierung der Außenseite besteht aus je 7 eingeritzten Querstrichen, welche mit je 4 rautenförmig angeordneten eingepreßten Punkten regelmäßig abwechselnd von einem Ende des Ringes über den Rücken zum anderen Ende ziehen. Die sieben Querstriche haben gleiche Abstände von einander und nehmen 9mm der Ringlänge in Anspruch.

Die Stöpselringe sind aus einfachem dünnem Bronceblech kahnförmig gebogen und zeigen die für die Hallstattzeit charakteristische Form. Doch sind sie ungewöhnlich klein, da ihre lichte Weite durchschnittlich nur 15mm, ihre größte Breite 6mm beträgt.

Folgerungen aus den Grabfunden

Die Lage der Hügelgräber ist durchweg eine erhöhte. Die pietätvoll gewählten Ruhestätten gebieten über eine wahrhaft prachtvolle Fernsicht in die Bergketten und Täler des Jurazuges, deren Bevorzugung sich darin bekundet, dass die Grabhügel fast hart am Steilrand des Berges errichtet sind.
Diese Tatsache ist beachtenswert, weil die wasserarme Hochebenen auf keinen Fall Ansiedlungen getragen haben, welche sich vielmehr in den wasserreichen Tälern befunden haben dürften. Die Toten wurden also, sei es aus Pietät oder aus abergläubischer Furcht, ein weites Stück Wegs bergan getragen zur letzten Ruhe.

Die zum Bau benützten Steine, welchen mit Vorliebe die Form von Platten gegeben ist, wurden in radialer Richtung in gewissen Abständen aufrecht gestellt und die Zwischenräume mit Steinknollen und Erde aufgefüllt. Dadurch erhielten die Hügel größere Festigkeit und den wilden Tieren war es verwehrt, die Leichen auszuscharren.

Über den Zweck der Grabhügel ist vielfach die irrige Meinung verbreitet, dass in jedem Hügel eine Person begraben sein müsse. Wir glauben für unser Gebiet beweisen zu können, dass jeder einzelne Grabhügel ein Friedhof gewesen ist, der lange Zeit hindurch in Benützung gestanden hat.

Als Form der Bestattung ist die Erdbestattung gewählt.

Die Gräber der Bronzezeit zeichnen sich durch ihre Armut, die der Hallstattzeit durch ihren oft maßlosen Überfluß an Tongefäßen aus. (Festschrift der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg 1901)

Weitere Grabfunde aus der Bronzezeit wurden im Waldteil Breitenloh gemacht. Neben Skeletteilen von mindestens 5 Leichen wurden dort noch viele Beigaben gefunden. Eine Besonderheit dieses Grabes war die Leiche eines Mannes, der seinen Kopf im Schoße liegen hatte.
Vielleicht steht dieser Grabfund in Zusammenhang mit einer Sage, die auch heute (1957) noch von alten Leuten erzählt wird. Danach soll es nämlich ganz in der Nähe des Grabes, auf dem Hundsbrunnenanger (Hundserer), nicht ganz geheuer sein.
Wenn man sich dort um Mitternacht aufhält, dann kann es vorkommen, dass man in stürmischen Nächten einem Reiter begegnet. Das Pferd bewegt sich in großen Sprüngen auf dem Waldanger umher. Sein Reiter aber hat keinen Kopf!

Alle Grabhügel liegen am Rande des Steilabfalles der Alb. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass auf der wasserarmen Hochfläche die dazugehörigen Siedlungen lagen, obwohl dort das Flurstück ”Balgern” liegt und eine alte Urkunde ein Dorf mit gleichem Namen erwähnt.
Dass es sich aber um Gräber von durchziehenden Stämmen handelt ist wegen ihrer Häufigkeit kaum anzunehmen.

Es besteht somit die große Wahrscheinlichkeit, dass bereits zur Bronzezeit (1800 – 700 v. Chr.) in nächster Nähe des jetzigen Dorfes Weißenbrunn, oder hier selbst, menschliche Ansiedlungen waren.

Dorfviertel

Erzählt von Heinz Weiß

Das Dorf als Spielplatz

Für unsere Kinder- und Jugendspiele, (1939-1949) hatten wir Weißenbrunn in Oberdorf und Unterdorf oder sogar in vier Viertel aufgeteilt. Der Mittelpunkt war die Kreuzung am Dorfbrunnen mit den alten Linden und der Milchbank. Dort wo sich die heutige Weißenbrunner Hauptstraße mit der Ernhofer Straße und der Winner Straße (die Gaß naus) kreuzt. (Bild siehe Geschichte „Dorflinde“)

Der Brunnen hatte einen verzierten Brunnenkopf und ein gebogenes Rohr, aus dem ständig Wasser in den eisernen Trog lief. Der Überlauf war neben der Straße abgeleitet bis zur „Schmiedbruck“ in den Bach. Der Brunnentrog hatte mindestens Manneslänge, denn auf jeder Seite vom Brunneneinlauf konnten leicht zwei Kinder bequem im Wasser sitzen. Für unsere Kinderaugen war er ziemlich tief.
Nach heutigen Maßstäben wohl etwa 1 Meter. Das Wasser war immer kalt und auch im Sommer angenehm frisch. Es kam ja vom Wasserreservoir oberhalb vom „Steinbruchfink.“ Über dem Trog, rechts und links vom Einlauf, waren zwei Eisenbänder, so dass man bequem einen Eimer unterstellen konnte, wenn man dort mal Wasser holen mußte.

Eine der drei alten Linden war hohl, mit einem engen Einstiegsloch unten am Stamm. So lange man noch klein genug war, konnte man sich in das Innere zwängen. Vier bis fünf Kinder hatten darin im Stehen Platz. Es war aber immer etwas unheimlich, schummerig darin, weil nur von oben sehr wenig Licht in den hohlen Stamm viel. Außerdem war es nicht erlaubt in die Linde zu kriechen.

Die Milchbank war aus dicken Balken gezimmert, zwei bis drei Meter lang und etwa einen Meter breit. Jeden Morgen wurden auf ihr die vollen Milchkannen abgestellt, die dann vom Milchbauern abgeholt und nach Altdorf zur Molkerei gebracht wurden. Am Mittag standen sie dann wieder leer, oder mit etwas Magermilch auf der Bank, um von ihren Besitzern heimgeholt zu werden.

Die Milchbank war aber auch ein wichtiger Treffpunkt für Verabredungen. In den Sommerabenden, besonders in den Wochen vor der Kirchweih, trafen sich dort die Dorfburschen, um die Kirchweihlieder zu üben und zu lernen und vielleicht auch mal ein zufällig vorbeikommendes Mädchen zu treffen.

Von diesem Dorfmittelpunkt aus gesehen will ich die Dorfviertel beschreiben. Ihre Namen waren: Glockenviertel, Sandviertel, Bachviertel, Angerviertel. Straßennamen gab es nicht. Die Hausnummern (in Klammern hinter den Hausbeschreibungen) waren nach dem Alter der Häuser vergeben. Zu den meisten Häusern gehörte auch noch ein Hausnamen. Leider sind einige der beschriebenen Häuser abgerissen worden.

Das Glockenviertel

Es wird begrenzt von der Straße nach Klingenhof und der nach Ernhofen. Dazu gehörten die beiden Gastwirtschaften, der Bräunlein (10) und der Fink (11). Daneben das Schulhaus und das Lehrerhaus (26). Am Schulgartenzaun stand die alte Hirtenscheune.
Zwischen dem Lehrerhaus und der Hirtenscheune war ursprünglich das alte Hirtenhaus, das aber schon in meiner frühesten Erinnerung unbewohnt und baufällig war. Nach Osten zu schließt dann das Haus der Bogners (13), vorher Hufnagel, die Minna an.

Neben dem Lehrerhaus steht das schöne Fachwerkhaus, das Wolfelshaus (14) mit dem Glockenturm. Daneben kommen Pürners (16) und das inzwischen abgebrannte Malbershaus (17). Dem gegenüber, auf der anderen Seite der kleinen Gasse (heute Glockengasse) liegt Dauphins Haus (von Hirt`n) (15) und noch weiter nach Osten wohnen Scharrer`s (33) und Liebel`s (32).
Etwas östlich von der Hirtenscheune steht das Haus der Bloßen`s (67) und daran schließt der Oed`s Hof (31) an. Dann kommt der große, mit hartem Sandgras und auch Moos bewachsene Vierlingsanger. Mitten darin das Schützenhaus mit den Erdwällen und anfänglich einer Wassergrube am Schützenstand. Hinter Liebel`s und Scharrer`s steht die alte „Dreschhall“.
Das am weitesten östlich, knapp unter dem Wasserreservoir liegende und in unseren Kinderaugen schönste Haus des Dorfes gehört dem „Wirtshans“, dem Steinbruchfink (66).

Das Sandviertel

Es liegt links von der Straße nach Klingenhof und östlich der heutigen Winner Straße. In der Straßenecke liegt der Hof vom Öllersbauern (18). Daneben, an der Badstraße liegen das Haus der Langenbergers (19) und der Birkmannshof (20) („Krausn“).
Gegenüber von Birkmanns auf der anderen Seite des Baches liegt der Leykaufhof (Hufferbauer) (24), dahinter wohnen Gößweins (45) und vorne am Bach der Herr Wild (41), der „Bader“. An der kleinen Brücke liegt die Schmiede vom alten Schwemmer (38) dahinter wohnen Scharrers (34) „Brücklesscharrer“.
Mehr zur „Gaß“ (Straße nach Winn) hin, auf einem Hügel das große Fachwerkhaus von Schönweißens (21).

Davor, direkt an der Gaß wohnen Mederers (22). Vorne, an der Hauptstraße neben dem Öllersbauer der Thätersbeck (39) und gleich anschließend das Schwarzenshaus (37). Nur ein schmaler Weg trennt sie vom ehemaligen Cholerahaus (27), in dem Herzogs und Frau Sonnleitner wohnen und vorne an der Straße, steht das Haus der „Erdner`s“ (59). Dahinter, (Am Berglesgraben) liegen die Häuser von Gerstacker`s (28) und Meier`s (Sandmeier) (29).
Danach muß man durch eine große Sandfläche stapfen, um an den Weiher zu kommen, der erst nach 1949 zum Bad ausgebaut wird. Bis dahin gehörte er den Gänsen und uns Kindern, gespeist vom „Berglasgrom“, mit seinem klaren, kalten Wasser. Am Rande der Sandfläche, an der Klingenhoferstraße liegt gegenüber der Dreschhalle das Haus von der Lisbeth (64) und gleich daneben die lange Garage für die Laster vom Steinbruchfink.

Das Bachviertel

Es wird begrenzt von der Straße nach Winn und von der unteren Dorfstraße.

Unmittelbar gegenüber der Milchbank der Hof vom Ochsenbauer (31), daneben, in Richtung zum Bach Kuhn´s (23) und auf der anderen Bachseite entlang der Straße als erste der Macherbauer (3), dann Örtl`s (2) und Saß (1). Dahinter zum Bach hin wohnt der Thäter (38), der Milchbauer.
An der Dorfstraße, etwas nach hinten versetzt der große Hof vom Eckstein „Hupferbauer“ (4), daneben der Halzenhof (7)und weiter nach Westen (heute Am Bach) Kellners (25) (der Dorfschlachter). Dahinter, auf einem kleinen Hügel Malbers (6) und schon am Bach, der Maurer Liebel (5).
Dann weiter bachabwärts, Bernet`s (47), Bachmeier`s (43) und Moosburger`s (42). Hinter Moosburgers der Kochhupfer (46) und westlich daneben Kratzer`s (48). Der Loosenschmied (49), mit seiner geheimnisvollen und reizvollen alten Schmiede wohnt fast an der Ecke Dorfstraße und dem Weg der zum Bach führt.

An der Dorfstraße stehen dann, in Richtung Wegweiser einige kleinere Häuser, die irgendwie alle gleich aussehen: Gegenüber dem Loosenschmied, die Kräußels (57), daneben Schneider Liebel (54), der Pricklersmeier (63) und der Schreiner Gömmel (61). Dahinter, sozusagen in zweiter Reihe Odörfer`s (60) und Brantl`s (65).

Das Angerviertel

Wieder am Dorfmittelpunkt beginnend, unmittelbar in der Straßenecke, mit der Hausrückseite zur Dorfstraße, der Finkenbauer (9). Daneben, Richtung Westen der Brunnershof (8) und anschließend Ecksteins (36) der „Sechsadreißger“, „der Burger“. Unmittelbar am Anger wohnen Hupfers (64) der „Brunnershupfer“.

Von dieser Häusergruppe durch einen Teil des Angers und den Leichweg (heute Friedhofstraße) getrennt waren dann noch unmittelbar an der Hauptstraße: “Thäters Nanne, Näherin (56), Schwemmers (53), Hufnagel (51) (Laden), die langgestreckte „Tobiasenhüttn“(55) und Eckstein und Kern (58) mit Ziegelhütte und Wohnhaus.
Hinter Schwemmers, etwas abgesetzt von den anderen Häusern, wohnten Federer`s (62), der alte Pürner und die Theres. Zwischen der Tobiashütte und Eckstein/Kern, ein Stück von der Straße weg im Wald lag das rosenumrankte Haus der Walter`s (50). Hier war mal für kurze Zeit der Kindergarten, der danach auch im Wolfelshaus war, bis dieses von der HJ gebraucht wurde.

Der Anger hatte die Form eines liegenden „L“ . Die lange Seite, der obere Anger begann unmittelbar am Schulhaus, erstreckte sich dann nach Westen, bis an einen kleinen Sandabbruch am Leichenweg. Die kürzere Seite, der untere Anger fiel über einen Hügel ab bis an die Dorfstraße und war mit Kirschbäumen bepflanzt.

Erinnerungen an das Naturbad

Erzählt von Heinz Weiß

Ursprünglich teilten wir uns den Weiher mit Gänsen und Fröschen. Einmal versuchten ganz Mutige sogar ihn mit selbstgebauten Stelzen aus Hopfenstangen zu durchqueren, blieben aber im Schlamm stecken und mussten sich in voller Montur ins Wasser umfallen lassen. Meinen Bruder lockten wir auf das brüchige Eis am Auslass, mussten ihn dann mit Stangen und Schlitten retten und zum Trocknen, leicht angefroren, in eins der nächstgelegenen Häuser, zu Herzogs, bringen.

Das mit Ginster bewachsene Gelände hinter dem „Sandhübbel“, der „Hübbel“ selber und die Sandfläche zwischen Gerstackers und dem Weiher waren beliebte Spielplätze für uns. Im Winter verwendeten wir den „Hübbel“ als Anlauf für eine kleine Skisprungschanze. Im Sommer spielten wir „Räuber und Gendarm“ zwischen den Ginsterbüschen und bis hinein zum Berglasgraben. Die Grasbüschel, die dort wuchsen und sogar der Gänsedreck wurden zu Wurfgeschossen für unsere Knabenspiele.

Der „Sandhübbel“ war 1958 noch um einiges höher als heute und die Bäume um einiges kleiner.Da war es klar, dass wir nicht in unseren „guten Sonntagskleidern“ dort spielen konnten. Also wurden sie abgelegt. An einem der Sonntagabende konnten wir mein neues weißes Hemd nicht mehr finden. Also musste ich heim ohne das „gute Stück“, wohl wissend, was mich dort erwarten würde. Am nächsten Tag wurden wir wieder losgeschickt um es zu suchen. Wir fanden schließlich einen feuchten, schlüpfrigen, grünlichen Stoffklumpen. Es stellte sich heraus, dass es das ehemals weiße Sonntagshemd war. Die Ärmel waren löchrig und überall grüne Grasflecken. Eine der dort grasenden Kühe hatte es wohl teilweise im Maul gehabt und dann wieder fallen lassen. Mutter hat dann daraus ein kurzärmliges Hemd gemacht und es dunkelblau gefärbt.

Der „Kegler“ kam sogar auf die Idee, dass wir dort doch alle Gänse aus dem Dorf zusammentreiben und hüten könnten. Es ging uns dabei wohl in erster Linie um etwas Essbares, das wir dafür von den Gänsebesitzern bekommen würden. Wir bauten uns also in einen der Erdhügel eine Art Unterstand. Wie das mit dem Gänsehüten allerdings klappte weiß ich nicht mehr.

Dann, vermutlich im Jahr 1947, kamen amerikanische Soldaten mit Planierraupe und Bulldozer und machten aus dem Weiher das heutige Schwimmbad. Einer der Soldaten überließ uns sogar, während er arbeitete, seinen „Jeep“, so dass die älteren unter uns auf der Hochfläche vor Klingenhof Fahrübungen machen konnten.

Die alte Baracke war noch aus Holz.Unsere Mutter betreute einige Sommer lang die Badekasse, verkaufte dort auch Süßigkeiten und später sogar selbstgemachtes Eis. Aus dem ersten „Schwimmbad-Sommer“ habe ich noch die Erinnerung, dass manche Weißenbrunner „nur so zum Schauen“ rein wollten und sich dann mit einem „Schauplatz“ am Zaun abfanden, weil sie den Eintritt nicht bezahlen und doch auch gar nicht baden wollten.

Die Erinnerungen aus den Folgejahren sind drückende Schwüle in der Umkleidebaracke, beängstigende Enge zwischen den verschwitzten Kleidern in der „Garderobenkammer“ und hektischer Betrieb, wenn ein aufziehendes Gewitter, über das wir manchmal froh waren, den Badetag abrupt beendete.

Mit Gustl von der Jugendherberge zusammen versah ich später an manchen Nachmittagen die geforderte „Badeaufsicht“. Ohne DRLG-Ausbildung, ohne spezielle Rettungsgeräte sollten wir in Notfällen helfen. Einem unserer weiblichen Badegäste gefiel diese Rettungsaktion wohl so gut, dass sie jedes Mal, wenn sie da war, auch „gerettet“ werden musste.

Eine meiner letzten Erinnerungen ist ein Ausflugstag mit meiner Schulklasse aus Neumarkt in das Weißenbrunner Schwimmbad.

Vereinsfeiern in den 1950ern

Erzählt von Heinz Weiß

Im Dezemberheft 1994 des FSV-Kurier ist ein Bericht erschienen über „Gemeinsame Weihnachtsfeier“.
Es ist eine sehr erfreuliche Entwicklung, dass der FSV und der Gesangverein gemeinsam ihre Weihnachtsfeiern gestalten und durchführen. In den 50er Jahren war das nicht so. Zwischen den beiden Vereinen, damals war es ja noch der Männergesangsverein, gab es große Rivalität. Wir jüngeren Leute haben es nie so recht verstanden, warum es zu kaum einer Zusammenarbeit kam, obwohl viele Mitglieder gleichzeitig in beiden Vereinen waren.

Einen Vorteil hatte diese Konkurrenz zwischen Gesangverein und FSV: Es gab jedes Jahr zwei Weihnachtsfeiern. Theateraufführungen hat es allerdings, so meine ich, immer nur eine gegeben, denn vermutlich ließen sich im Dorf nicht so viele Laien-Schauspieler finden. Die Aufführungen waren natürlich damals etwas Besonderes. Es gab kein Fernsehen, kaum Gelegenheit ins Kino zu gehen, so dass der Publikumszuspruch sehr groß war. Das bedeutete, dass die Aufführungen meist zweimal durchgeführt wurden. Für die Vereine sprang dadurch natürlich auch finanziell einiges heraus.

Die Vorbereitungs- und Probenzeit war schon sehr aufregend. Welches Stück sollte aufgeführt werden? Wer würde welche Rolle übernehmen? Ließen sich genügend weibliche Mitspielerinnen finden?

Die Rollenbücher wurden schon immer rechtzeitig bei entsprechenden Verlagen bestellt. Wir ließen uns mehrere Stücke zur Auswahl zusenden. Dann begann ein eifriges Lesen und Schreiben. Diese Bücher und die damit erworbenen Aufführungsrechte waren nicht billig. So sorgten wir auf unsere Weise (handschriftlich) dafür, dass sich die Rollenbücher auf wundersame Weise vermehrten. Es wurde dann jeweils ein Theaterstück erworben, und für das nächste Jahr fiel auch noch eins ab.

An viele Einzelheiten über den Inhalt der Stücke erinnere ich mich nicht mehr. Es waren fast immer traurige, schaurige Stücke, mit unglücklichen und heimlichen Liebschaften, mit Wilderern und Förstern, mit verwickelten Begebenheiten zwischen Bauern, ihren Knechten und Mägden; immer natürlich mit Happyend, wie man heute sagt.

Gespielt wurde im Saal beim Fink oder beim Bräunlein. Das bedeutete natürlich jedesmal, erst einmal die Bühne bauen. Beim Finksaal gab es noch ein kleines Nebenzimmer. Die Tür zum Saal konnte man geschickt in die Bühne mit einbeziehen und so auch von außen ungesehen auf die Bühne gelangen.

Die ersten Leseproben wurden so etwa ab Ende Oktober in den damals noch vorhandenen großen Bauernstuben bei Mitspielern durchgeführt, weil die Säle natürlich nicht extra geheizt wurden.

Nebenbei erzählt: In diesen Bauernstuben gab es damals in den Wintermonaten auch noch die sogenannten „Rockerstubn“. (Das hat nichts mit Rockern im heutigen Sinn zu tun, sondern es kommt vom „Spinnrocken“, einem Teil des Spinnrades). Da trafen sich die heranwachsenden Mädchen und Buben aus dem Dorf, immer unter der Aufsicht von Erwachsenen, meist Frauen, und lernten das Tanzen. Musik machte manchmal „der alte Brantl“ oder es gab ein Grammophon zum Aufziehen, mit auswechselbaren Nadeln und einem großen Schalltrichter. Gelernt wurden Walzer, Dreher, Polka und natürlich „Bayerische“, Zwiefache oder sogar Dreifache. Aber das ist vielleicht noch einmal eine andere Geschichte.

Zurück zum Theaterspielen! Was ist in Erinnerung geblieben?

„Ach Mutterl horch, die Glocken läuten, jetzt kommt der Vater nimmer heim!“ Das war der Refrain eines Liedes, das der Männergesangverein zu einer Theateraufführung sang. Ich hörte es so oft bei den Proben aus dem Bräunleinsaal herüberklingen, wenn ich schon im Bett lag. Es gehörte meines Wissens zu einem Bergmannstück mit einem dramatischen Grubenunglück. Die Sänger dehnten dabei die Worte „Vateeeer“ und „niiiiimmer“ so weit, dass es gar schaurigschön in meiner jugendlichen Vorstellung klang. Ich kann es heute immer noch singen.

„Sparen, sparen, sparen“, diese drei Worte wurden zum Spitznamen für einen Mitspieler, der in einem Stück mit großen Schritten über die Bühne ging und mit diesen Worten seine Paraderolle fand. Er hatte sicher noch mehr zu sagen, aber dieser Ausspruch und seine gesamte Haltung dazu waren überwältigend komisch. Wir haben ihn noch lange Zeit damit angesprochen und herzlich darüber gelacht.

Oder der Thäters Johann, der spätere „Thätersbeck“, mit seinem Auftritt als Wachsoldat. Mit einem fröhlichen Lied marschierte er, das Holzgewehr über der Schulter, auf der Bühne auf und ab. Plötzlich ein Stocken, das Lied verstummte. Der Souffleur reagierte wohl nicht schnell genug und mit den gesungenen Worten: „Jetzt weiß ich nicht mehr weiter!“ marschierte der Johann von der Bühne ab. Riesiges Gelächter im Publikum. Ob man erkannt hat, dass das so nicht dazugehörte, glaube ich nicht.

Oder „Blitz und Donner“ für die Wildererstücke, wenn’s dramatisch wurde. Der Donner wurde mit dem bekannten Donnerblech erzeugt. Aber wie die Blitze? Eigentlich war es eine gefährliche Angelegenheit. Es gehörten dazu ein Maßkrug mit Salzwasser, ein Stromkabel und zweckentfremdete Bierwärmer. Näheres sollte man dazu lieber nicht sagen. Auf alle Fälle zuckten die Blitze gewaltig durch die Kulissen.

Das Glockenläuten für die Beerdigung des abgestürzten Bergbauernbuben, den Guten natürlich, wurde mit einer Zither erzeugt. Einige Saiten gelockert, dann das Instrument mit langen Armzügen hin und hergeschwungen, und es erklangen die schönsten Glockentöne.

Die Kulissen wurden selbstverständlich auch selbst hergestellt. Kopierer gab es nicht, Projektionsgeräte waren unbekannt. Wer auf die Idee mit dem Rastern von Postkarten kam, deren Gebirgsansichten als Hintergrundbild verwendet wurde, weiß ich nicht mehr. Wie wir an Papier, Farben und anderes Material kamen, daran kann ich mich auch nicht mehr erinnern. Sicher ist nur, es sollte möglichst wenig Kosten verursachen.

Der schönste Mehrakter in meiner Erinnerung war das Stück „Der Heiratsvermittler“. Es war ein Lustspiel, mit vielen Verwechslungen und komischen Einzelszenen. Mit vielen Möglichkeiten, Vorkommnisse im Dorf geschickt einzubauen. Es war zum ersten Mal gelungen, junge weibliche Mitspielerinnen dazuzubringen, dass sie die Rolle von älteren Frauen nicht nur übernahmen, sondern sich auch als solche „zurechtmachen“ ließen. Für die jugendlichen Liebespaare fanden sich immer genügend Darsteller. Aber für die komischen, die manchmal schrulligen Typen, da war es schwer, vor allem Mitspieler/innen zu finden. Aber diesmal stellte sich die Rollenbesetzung als ideal heraus. Dazu hatten wir noch den „Hirschenbader“, einen Frisör aus Altdorf, einen treuen Fan der FSV-Mannschaften, als Maskenbildner gewonnen. Das Stück war so erfolgreich, daß es sogar in Gersdorf, in Oberhaidelbach und ich meine auch in Offenhausen aufgeführt wurde.

Zu einem Austausch von Theateraufführungen mit den Gersdorfer Laienspielern war es sowieso schon gekommen. Einmal allerdings waren mehrere Mitspieler durch Krankheit ausgefallen, so daß kurzfristig andere einspringen mussten, um mit dem Rollenbuch in der Hand, die Aufführung zu retten. Das Publikum hat es mit Geduld hingenommen.

In einem Jahr gab es als Ausklang des Theaterabends einen besonders erfolgreichen Einakter: „Beim Dorffrisör“! Es war eine richtige Klamotte, in der man alles unterbringen konnte, was man dem Publikum schon immer mal sagen wollte.

Der Bühnenvorhang öffnet sich, auf der Bühne sind der Frisörmeister und sein Geselle. Einer steht am Fenster und streicht das Rasiermesser an dem Lederriemen bedächtig auf und ab. Der andere rührt in einer großen Schüssel mit einem Schneebesen den Seifenschaum. Dabei erzählen sich die beiden die neuesten Geschichten und Gerüchte aus dem Dorf.

Durch die Ladentür stürmt ein Kunde herein, der dringend rasiert werden muss. Er wird mitten auf der Bühne auf einen Stuhl gesetzt. Und das Tratschen der beiden Frisöre geht in aller Ruhe weiter.

Ein zweiter Kunde kommt in den Laden. Er ist etwas kleiner als der vorherige, aber er muss noch viel dringender rasiert werden. Auch für ihn wird ein Stuhl auf die Bühne gebracht und er wird neben den ersten Kunden gesetzt.

So geht es weiter, bis auf der Bühne vier Kunden sitzen, der kleinste als zweiter oder dritter. Jeder der Kunden wird natürlich immer unruhiger, weil alle es ja so eilig haben.

Dann bringt der Frisörgeselle ein Brett in den Laden. Es hat vier Löcher, groß genug für einen Menschenhals und im Abstand der vier Stühle. Es ist der Länge nach in zwei Hälften zersägt. Die beiden Frisöre legen das Brett den unruhigen Kunden wie eine Halskrause um. Eine Hälfte von vorn, die andere von hinten. An den beiden Enden werden die Hälften verschnürt und verkeilt. Der Geselle kommt mit der großen Schüssel voll Schaum und einem großen Malerquast und „seift“ die vier Eiligen gleichzeitig ein. Er muß es immer wieder nachholen, weil die Vier bemerkt haben, daß es sich um süßen Eischnee handelt und sich mit beiden Händen die Leckerei mit den Fingern in den Mund streichen. Der Frisörmeister steht nach wie vor mit dem Rasiermesser am Lederriemen.

Da ertönt die Feuersirene! Meister und Geselle lassen alles liegen , weil sie ja Mitglieder der Feuerwehr sind.

Die vier Kunden sitzen erst eine Weile still, werden dann unruhig, erheben sich abwechselnd von ihren Stühlen und stehen schließlich alle vier gleichzeitig auf. Sie bewegen sich noch einige Male mit ihrer gemeinsamen Halskrause hin und her, bis der Kleinste „erdrosselt“ in seinem Halsloch hängt.

In den folgenden Jahren mußte dieser Einakter auf Wunsch des Publikums noch häufiger aufgeführt werden.

Oweih, die Dorflinde brennt

Erzählt von Heinz Weiß

In der Dorfmitte von Weißenbrunn stand noch der alte Dorfbrunnen, umgeben von großen, alten Linden. Die untere Linde war hohl und hatte am Stamm eine Öffnung, die groß genug war, dass man sich als kleiner Junge durchzwängen konnte. In der Linde konnten mindestens vier Kinder stehen. Aber es war ziemlich dunkel darin, denn nur von ganz oben fiel etwas Licht in den hohlen Stamm.

Es war an einem Sonntagnachmittag, vielleicht im Jahr 1943, vielleicht auch später. Wir Kinder waren im Dorf unterwegs, um unsere üblichen Spiele zu spielen. Mehr durch Zufall kamen wir dabei auch an der Linde vorbei und hörten, dass in ihrem Inneren schon andere Kinder waren. Sie erzählten von einer kleinen Katze, die sich in die Linde geflüchtet hatte und die sie herausholen wollten. Einer von uns hatte Streichhölzer dabei, mit ihm zusammen durfte ich in die Linde kriechen, um die Katze zu retten. Aber die Streichholzflammen flackerten immer nur kurz auf und konnten die Dunkelheit nicht durchdringen. Auch unsere Tastversuche in dem trockenen Laubteppich in der Linde führten zu keinem Ergebnis. Die Katze konnten wir nicht finden. Schließlich gaben wir auf und zogen weiter -die Gaß´ naus – zu dem dort im Buschwerk gebauten Baumhaus.

Bald bemerkten wir aus dem Dorf eine gewisse Unruhe und kehrten schnell dorthin zurück. Schon auf der „Schmiedbruckn“ sahen wir, dass rund um die Linden etwas los war. Andere Kinder kamen uns entgegen mit der Nachricht: „Die Lind`n brennt! Kinner hom`s azündt“!

Mit schlechtem Gewissen näherten wir uns der Dorfmitte. Und tatsächlich, aus der Linde, in der wir einige Zeit vorher die Katze gesucht hatten, quoll oben, wie aus einem Schornstein, dicker, weißer Rauch, und ganz oben saß ein Feuerwehrmann und spritzte Wasser hinein.

Bei allen Umstehenden wurde lebhaft über die bösen Kinder gesprochen, die die Linde angezündet hatten, und da hatten wir keinen Mut mehr zu erzählen, wie es wirklich gewesen war.