Dorfviertel

Erzählt von Heinz Weiß

Das Dorf als Spielplatz

Für unsere Kinder- und Jugendspiele, (1939-1949) hatten wir Weißenbrunn in Oberdorf und Unterdorf oder sogar in vier Viertel aufgeteilt. Der Mittelpunkt war die Kreuzung am Dorfbrunnen mit den alten Linden und der Milchbank. Dort wo sich die heutige Weißenbrunner Hauptstraße mit der Ernhofer Straße und der Winner Straße (die Gaß naus) kreuzt. (Bild siehe Geschichte "Dorflinde")

Der Brunnen hatte einen verzierten Brunnenkopf und ein gebogenes Rohr, aus dem ständig Wasser in den eisernen Trog lief. Der Überlauf war neben der Straße abgeleitet bis zur "Schmiedbruck" in den Bach. Der Brunnentrog hatte mindestens Manneslänge, denn auf jeder Seite vom Brunneneinlauf konnten leicht zwei Kinder bequem im Wasser sitzen. Für unsere Kinderaugen war er ziemlich tief. Nach heutigen Maßstäben wohl etwa 1 Meter. Das Wasser war immer kalt und auch im Sommer angenehm frisch. Es kam ja vom Wasserreservoir oberhalb vom "Steinbruchfink." Über dem Trog, rechts und links vom Einlauf, waren zwei Eisenbänder, so dass man bequem einen Eimer unterstellen konnte, wenn man dort mal Wasser holen mußte.
Eine der drei alten Linden war hohl, mit einem engen Einstiegsloch unten am Stamm. So lange man noch klein genug war, konnte man sich in das Innere zwängen. Vier bis fünf Kinder hatten darin im Stehen Platz. Es war aber immer etwas unheimlich, schummerig darin, weil nur von oben sehr wenig Licht in den hohlen Stamm viel. Außerdem war es nicht erlaubt in die Linde zu kriechen.
Die Milchbank war aus dicken Balken gezimmert, zwei bis drei Meter lang und etwa einen Meter breit. Jeden Morgen wurden auf ihr die vollen Milchkannen abgestellt, die dann vom Milchbauern abgeholt und nach Altdorf zur Molkerei gebracht wurden. Am Mittag standen sie dann wieder leer, oder mit etwas Magermilch auf der Bank, um von ihren Besitzern heimgeholt zu werden.
Die Milchbank war aber auch ein wichtiger Treffpunkt für Verabredungen. In den Sommerabenden, besonders in den Wochen vor der Kirchweih, trafen sich dort die Dorfburschen, um die Kirchweihlieder zu üben und zu lernen und vielleicht auch mal ein zufällig vorbeikommendes Mädchen zu treffen.
Von diesem Dorfmittelpunkt aus gesehen will ich die Dorfviertel beschreiben. Ihre Namen waren: Glockenviertel, Sandviertel, Bachviertel, Angerviertel. Straßennamen gab es nicht. Die Hausnummern (in Klammern hinter den Hausbeschreibungen) waren nach dem Alter der Häuser vergeben. Zu den meisten Häusern gehörte auch noch ein Hausnamen. Leider sind einige der beschriebenen Häuser abgerissen worden.

Das Glockenviertel

Die Kreuzung Ernhofer Str./Schulstr. mit ehemaligem Schulhaus und Gasthaus "Schwarzer Adler" im Vordergrund im Jahr 1974. Auf dem freien Platz links steht heute der Kindergarten. Im linken oberen Eck die Ortsmitte mit der Bushaltstelle.
Es wird begrenzt von der Straße nach Klingenhof und der nach Ernhofen. Dazu gehörten die beiden Gastwirtschaften, der Bräunlein (10) und der Fink (11). Daneben das Schulhaus und das Lehrerhaus (26). Am Schulgartenzaun stand die alte Hirtenscheune. Zwischen dem Lehrerhaus und der Hirtenscheune war ursprünglich das alte Hirtenhaus, das aber schon in meiner frühesten Erinnerung unbewohnt und baufällig war. Nach Osten zu schließt dann das Haus der Bogners (13), vorher Hufnagel, die Minna an.

Das Haus vom "Wirtshans" noch ohne Nachbarschaft
Neben dem Lehrerhaus steht das schöne Fachwerkhaus, das Wolfelshaus (14) mit dem Glockenturm. Daneben kommen Pürners (16) und das inzwischen abgebrannte Malbershaus (17). Dem gegenüber, auf der anderen Seite der kleinen Gasse (heute Glockengasse) liegt Dauphins Haus (von Hirt`n) (15) und noch weiter nach Osten wohnen Scharrer`s (33) und Liebel`s (32). Etwas östlich von der Hirtenscheune steht das Haus der Bloßen`s (67) und daran schließt der Oed`s Hof (31) an. Dann kommt der große, mit hartem Sandgras und auch Moos bewachsene Vierlingsanger. Mitten darin das Schützenhaus mit den Erdwällen und anfänglich einer Wassergrube am Schützenstand. Hinter Liebel`s und Scharrer`s steht die alte "Dreschhall". Das am weitesten östlich, knapp unter dem Wasserreservoir liegende und in unseren Kinderaugen schönste Haus des Dorfes gehört dem "Wirtshans", dem Steinbruchfink (66).

Das Sandviertel

Das Schönweiß-Haus (heute Haupthaus zum Salon Leidner)
Es liegt links von der Straße nach Klingenhof und östlich der heutigen Winner Straße. In der Straßenecke liegt der Hof vom Öllersbauern (18). Daneben, an der Badstraße liegen das Haus der Langenbergers (19) und der Birkmannshof (20) ("Krausn"). Gegenüber von Birkmanns auf der anderen Seite des Baches liegt der Leykaufhof (Hufferbauer) (24), dahinter wohnen Gößweins (45) und vorne am Bach der Herr Wild (41), der "Bader". An der kleinen Brücke liegt die Schmiede vom alten Schwemmer (38) dahinter wohnen Scharrers (34) "Brücklesscharrer". Mehr zur "Gaß" (Straße nach Winn) hin, auf einem Hügel das große Fachwerkhaus von Schönweißens (21).

Das ehemalige Cholera-Haus (heute Pizzeria Olimpia)
Davor, direkt an der Gaß wohnen Mederers (22). Vorne, an der Hauptstraße neben dem Öllersbauer der Thätersbeck (39) und gleich anschließend das Schwarzenshaus (37). Nur ein schmaler Weg trennt sie vom ehemaligen Cholerahaus (27), in dem Herzogs und Frau Sonnleitner wohnen und vorne an der Straße, steht das Haus der "Erdner`s" (59). Dahinter, (Am Berglesgraben) liegen die Häuser von Gerstacker`s (28) und Meier`s (Sandmeier) (29). Danach muß man durch eine große Sandfläche stapfen, um an den Weiher zu kommen, der erst nach 1949 zum Bad ausgebaut wird. Bis dahin gehörte er den Gänsen und uns Kindern, gespeist vom "Berglasgrom", mit seinem klaren, kalten Wasser. Am Rande der Sandfläche, an der Klingenhoferstraße liegt gegenüber der Dreschhalle das Haus von der Lisbeth (64) und gleich daneben die lange Garage für die Laster vom Steinbruchfink.

Das Bachviertel

Der Blick aufs Bachviertel 1974 aus Richtung Nordwesten. Rechts unten die Kurve der heutigen Föhrenstraße, von der rechten Bildmitte führt die Hauptstraße Richtung Osten Links in der Mitte die Kreuzung Wiesenstr./Weinzeile.
Es wird begrenzt von der Straße nach Winn und von der unteren Dorfstraße.

Unmittelbar gegenüber der Milchbank der Hof vom Ochsenbauer (31), daneben, in Richtung zum Bach Kuhn´s (23) und auf der anderen Bachseite entlang der Straße als erste der Macherbauer (3), dann Örtl`s (2) und Saß (1). Dahinter zum Bach hin wohnt der Thäter (38), der Milchbauer. An der Dorfstraße, etwas nach hinten versetzt der große Hof vom Eckstein "Hupferbauer" (4), daneben der Halzenhof (7)und weiter nach Westen (heute Am Bach) Kellners (25) (der Dorfschlachter). Dahinter, auf einem kleinen Hügel Malbers (6) und schon am Bach, der Maurer Liebel (5). Dann weiter bachabwärts, Bernet`s (47), Bachmeier`s (43) und Moosburger`s (42). Hinter Moosburgers der Kochhupfer (46) und westlich daneben Kratzer`s (48). Der Loosenschmied (49), mit seiner geheimnisvollen und reizvollen alten Schmiede wohnt fast an der Ecke Dorfstraße und dem Weg der zum Bach führt.

Das "untere" Dorf aus Blickrichtung Norden mit den Betonwerken Eckstein und Kern entlang der Hauptstraße im Hintergrund. Links hinten die Waldstraße mit der Tobiasenhütte (siehe unten). Links im Vordergrund die Häuser von Bigerl und Birkmann/Gottschalk noch im Rohbau.
An der Dorfstraße stehen dann, in Richtung Wegweiser einige kleinere Häuser, die irgendwie alle gleich aussehen: Gegenüber dem Loosenschmied, die Kräußels (57), daneben Schneider Liebel (54), der Pricklersmeier (63) und der Schreiner Gömmel (61). Dahinter, sozusagen in zweiter Reihe Odörfer`s (60) und Brantl`s (65).

Das Angerviertel

Blick vom Schulanger auf das Hupfers-Haus
Wieder am Dorfmittelpunkt beginnend, unmittelbar in der Straßenecke, mit der Hausrückseite zur Dorfstraße, der Finkenbauer (9). Daneben, Richtung Westen der Brunnershof (8) und anschließend Ecksteins (36) der "Sechsadreißger", "der Burger". Unmittelbar am Anger wohnen Hupfers (64) der "Brunnershupfer".

Blick aus Richtung Südwesten. Unten in der Mitte das Walthers-Haus. Links die Hauptstr.
Von dieser Häusergruppe durch einen Teil des Angers und den Leichweg (heute Friedhofstraße) getrennt waren dann noch unmittelbar an der Hauptstraße: “Thäters Nanne, Näherin (56), Schwemmers (53), Hufnagel (51) (Laden), die langgestreckte "Tobiasenhüttn"(55) und Eckstein und Kern (58) mit Ziegelhütte und Wohnhaus. Hinter Schwemmers, etwas abgesetzt von den anderen Häusern, wohnten Federer`s (62), der alte Pürner und die Theres. Zwischen der Tobiashütte und Eckstein/Kern, ein Stück von der Straße weg im Wald lag das rosenumrankte Haus der Walter`s (50). Hier war mal für kurze Zeit der Kindergarten, der danach auch im Wolfelshaus war, bis dieses von der HJ gebraucht wurde.

Blick von Süden auf den Schulanger. Rechts die Ernhofer Straße. In der Mitte der alte Ortskern. Davor Feuerwehrhaus und altes Schulhaus. Links hinten die Gass Richtung Winn.
Der Anger hatte die Form eines liegenden "L" . Die lange Seite, der obere Anger begann unmittelbar am Schulhaus, erstreckte sich dann nach Westen, bis an einen kleinen Sandabbruch am Leichenweg. Die kürzere Seite, der untere Anger fiel über einen Hügel ab bis an die Dorfstraße und war mit Kirschbäumen bepflanzt.
FUSSBALLSPORTVEREIN WEISSENBRUNN 1949 e.V.